Wenn die Blase dauerhaft läuft

Sie trägt zur Qualität des alltäglichen Lebens bei und trotzdem spricht kaum jemand darüber – die kontrollierte Blasenentleerung. Häufig geht die Fähigkeit, die eigene Harnblase unter Kontrolle zu halten, mit steigendem Alter verloren, doch so manche erfahren schon in jungen Jahren die Anzeichen einer Harninkontinenz.

Was ist Harninkontinenz?

“Harninkontinenz definieren wir als einen unfreiwilligen Verlust von Harn”, erklärt Dr. Doroteja Jankovic, Leiterin der urodynamischen Ambulanz der Univ.-Klinik für Urologie des LKH Graz. Je nach Literatur, Alter und Patient:innengruppe ist das Auftreten von Harninkontinenz sehr unterschiedlich. Jede* Zehnte der 15 bis 19-jährigen Frauen* leidet unter Blasenschwäche und hat somit Schwierigkeiten, ihren Urin „einzuhalten“. Es gibt verschiedene Harninkontinenzarten, die eine komplett unterschiedliche Ursache haben und somit Therapie benötigen.

Man unterscheidet vor allem zwischen der Belastungsinkontinenz, die bei körperlicher Belastung auftreten kann und der Dranginkontinenz. „Hierbei verspüren Betroffene einen starken Harndrang, obwohl die Blase nicht voll ist, man spricht auch von einer überaktiven Blase oder „Reizblase“. Auch eine Mischinkontinenz aus beiden Formen ist möglich.

Warum werden junge Menschen inkontinent?

Harnverlust kann verschiedene Ursachen haben. Begünstigende Faktoren bei Frauen* sind unter anderem Geburt(en), Östrogenmangel, Übergewicht, Voroperationen, Bestrahlung im kleinen Becken oder anatomische Anomalien. Die drei letzten Faktoren können auch bei Männern* zu Harninkontinenz führen. Dr. Jankovic begründet Harninkontinenz im jungen Alter unter anderem mit neurologischen oder hormonellen Erkrankungen, angeborenen Fehlbildungen oder Stress. Auch die Einnahme von bestimmten Medikamenten, Harnwegsinfektionen oder Voroperationen im Urogenitalbereich können mögliche Ursachen darstellen.

OÄ Dr. Doroteja Jankovic, Leiterin der urodynamischen Ambulanz der Univ.-Klinik für Urologie des LKH Graz | © Almuth Kunrath

Wie wird man wieder trocken?

Wenn jemand bereits unter leichter Blasenschwäche leidet oder vorbeugen möchte, können gezielte Beckenbodenübungen, die einen schwachen Beckenboden trainieren und den Harnröhrenverschluss stärken, helfen. Hier kann eine gute physiotherapeutische Anleitung wie Yoga oder Pilates unterstützen. Für eine gestärkte Kontinenz ist es auch essentiell, geregelt zu trinken und seine Harnblase zu entleeren. Neben medikamentösen Behandlungen haben Patient:innen in der Klinik für Urologie auch die Möglichkeit, sich durch verschiedene operative Eingriffe behandeln zu lassen.

“Zum Beispiel eine Botoxtherapie für die Harnblase, die Anlage eines Bändchens zur Stützung der Harnröhre, eines künstlichen Schließmuskels oder eines sogenannten Blasenschrittmachers”, erklärt Dr. Doroteja Jankovic. Als Voraussetzung für die richtige Therapie gilt eine gute Abklärung der Art und Ursache der Harninkontinenz.

Kein Grund, sich zu schämen!

Neben den körperlichen Auswirkungen (z.B. Entzündungen im Intimbereich, Harnwegsinfektionen oder Nierenschädigungen) sieht Frau Dr. Jankovic vor allem die psychischen Folgen einer Blasenschwäche. Aus Angst und Scham verschweigen viele Betroffene ihr Problem und erhalten deshalb auch keine adäquate Behandlung. “Harnverlust kann eine riesige Einschränkung der Lebensqualität bedeuten und oftmals ein vermindertes Selbstwertgefühl auslösen.”

Deshalb unterstützt die Univ.-Klinik Graz ihre Patient:innen mit einer telefonischen Inkontinenzsprechstunde, in der sich Betroffene anonym über ihre Inkontinenzproblematik informieren können. “Darüber zu reden, statt darunter zu leiden – das ist unser Motto!” bekräftigt OÄ Dr. Jankovic.

Bei Beschwerden oder Fragen können sich Betroffene bei der Wahlordination (FA für Urologie) Dr. Doroteja Jankovic melden (+43 316 582744) oder unter  +43 316 385 30729 die telefonische Inkontinenzsprechstunde in Anspruch nehmen (montags bis donnerstags ausdrücklich zwischen 14 und 15 Uhr).

Titelbild: Symbolbild | © Markus Spiske on pexels.com