Wie fühlst du dich beim Fortgehen?

Party, Feiern, Abschalten, neue Leute kennenlernen – das Wochenende ist für viele genau dafür da. Und doch ist es vor allem für Frauen* oft kein so großer Spaß: Anmachsprüche, sexueller Missbrauch – bei Weitem keine Seltenheit. Wie fühlt es sich für Frauen* an, fortzugehen? Wir haben ein paar Eindrücke für euch gesammelt. 

Helene

So viele Menschen. Ab und zu lächle ich manchen bekannten Gesichtern höflichkeitshalber zu, für ein tieferes Gespräch fehlt mir die nötige Energie. Ich habe mein Ziel fest im Blick: die Tanzfläche. Auch hier ein Getümmel von Leuten, die sich rhythmisch zur Musik bewegen oder schon nach einer späteren nächtlichen Begleitung suchen. Die sind mir egal.

Ich stelle mich direkt neben die Musikboxen, auf die Gefahr hin, mein Trommelfell zu strapazieren. Die elektronischen Klänge wirken hypnotisierend auf mich und mein Bewusstsein. Mit geschlossenen Augen teleportiere ich mich in eine Parallelwelt – fernab von Sorgen und Verpflichtungen. Ich werfe meinen Kopf in den Nacken und schüttle mein inzwischen offenes Haar, versuche, es nach einem Teil einer Tanzbewegung aussehen zu lassen. Meine Hände wandern von meinem Bauch über die Hüfte zu meiner hinteren Hosentasche, suchend nach einem Haargummi. Nichts.

Ich hebe kurz meine verschwitzten Haare und fächere mir mit meiner flachen Hand stickige Club-Luft zu. Die fast schrillen Töne treffen mich wie ein Pfeil und laden meine inneren Batterien blitzartig auf. Ich will meine Augen noch nicht öffnen, will noch in meiner Welt bleiben, in der nur ich und die Musik existieren. Wenn ich jetzt aufhöre zu tanzen, werde ich aus meinem Rausch aufwachen. Werde von den blitzenden Lichtern geblendet. Werde die Blasen zwischen meinen Zehen spüren. Werde meinen Durst stillen wollen. Werde die lechzenden Blicke bemerken. Ich will einfach nur tanzen.

Sarah Maria

Ich habe mich den ganzen Tag darauf gefreut: Endlich mal wieder tanzen, alles vergessen und einfach zu lauter Musik abschalten. Ich freue mich auch darauf, mal aus meiner Alltagskleidung rauszukommen und mich in das schöne Kleid zu werfen – mich einmal richtig wohl in meiner Haut fühlen, das wird toll. Ich lächele aufgeregt meinem Spiegelbild entgegen, als ich meinen Eyeliner sorgfältig ziehe. Doch dann kommt alles anders.

Kaum bin ich im Club, spüre ich sie unangenehm prickeln: Die Blicke der unzähligen, hungrigen Männer, die nur aus einem Grund hier sind. Beim Tanzen geht es dann so richtig los: Ihre Hände sind überall, nur nicht da, wo sie sein sollten. Mich ekelt es an, die Aufregung wandelt sich um in Genervtheit. Ich versuche, ihnen zu entfliehen und gehe eine rauchen – doch auch da draußen warten sie. “Willst du nicht mit mir mit nach Hause kommen?” Ich lüge, sage, ich hätte einen Freund, doch das ist ihnen egal. Ihr Hunger ist zu stark, als dass sie ihn ignorieren könnten – oder wollten.

Es ist gerade mal Mitternacht, als ich letztendlich nach Hause aufbreche; enttäuscht, entnervt, angestrengt. Am Heimweg fühle ich mich unsicher. Zuhause falle ich ins Bett, drücke meine Katze fest an mich und schwöre mir, nächstes Wochenende gleich so zu verbringen, anstatt mir das wieder anzutun. 

Elena

Viele Menschen mussten beim Fortgehen bereits negative oder gar übergriffige Erfahrungen machen. Mir persönlich fällt da sofort eine Situation ein, die sich ereignete, als ich gerade erst 16 Jahre alt war. Es war einer der ersten Abende, an denen ich ausgegangen bin. In einer kleinen Gruppe sind wir an einem Bartisch gesessen, haben unsere Getränke genossen und getratscht. Es war ein ruhiger, gemütlicher Abend. Bis eine Fußballmannschaft das Lokal betrat.

Sie hatten einen Tisch gegenüber von uns reserviert und dort auch Platz genommen. Nach einiger Zeit kam einer der Männer auf mich zu und wollte in ein Gespräch verwickeln. Als ich ihm deutlich gemacht habe, dass ich kein Interesse hatte und er sich unserem Tisch entfernen sollte, wollte er mein “NEIN” nicht akzeptieren und wurde ungehalten. Als ich ihn, nun schon etwas bestimmter, erneut darum bat, mich in Ruhe zu lassen, hat er mir in meine Schulter gebissen.

Damals war ich total perplex und überhaupt nicht in der Lage darauf zu reagieren. Vor allem habe ich mich aber nicht getraut ihm klar zu machen, dass sein Handeln übergriffig war. Auch heute bin ich immer wieder schockiert, wenn ich mich an dieses Ereignis zurück erinnere. 

Titelbild: Symbolbild | © Anthony Delanoix on unsplash.com