Hugo Marcus – schillernder Aktivist

Ein schwuler Jude, der den Nationalsozialismus überlebte und zum Islam konvertierte: Die Lebensgeschichte von Hugo Marcus scheint ungewöhnlich, und doch begeistert sie viele Menschen. Er galt als schillernde Persönlichkeit in der Literaturszene und setzte sich für die Rechte von Homosexuellen ein. Im Oktober 2022 erschien im Männerschwarm Verlag das Lesebuch “Einer sucht den Freund und andere Texte”, eine Essay Sammlung, um die gesammelte Literatur von Marcus zu würdigen. 

Das Leben des Hugo Marcus

Geboren wurde Hugo Marcus in einer jüdischen Industriellenfamilie. In Berlin studierte er Philosophie, wo er auch Sadr-ud-Din kennenlernte und mit ihm gemeinsam den Koran auf Deutsch übersetzte. In Folge der Arbeit begeisterte sich Marcus immer mehr für den Islam.

1925 konvertierte Hugo Marcus zur islamischen Religion. Er blieb danach jedoch Mitglied der Jüdischen Gemeinde, in der er sich gemeinsam mit seinem Freund Magnus Hirschfeld für die Entkriminalisierung von homosexuellen Menschen einsetzte.

1938 wurde er dennoch als jüdisches Mitglied angesehen, verhaftet und ins Konzentrationslager Sachsenhausen deportiert. Während die meisten seiner schwulen Mitinsassen ermordet wurden, überlebte Hugo Marcus. Er wurde mithilfe eines Befreiungsplan von muslimischen Mitgliedern der Wilmersdorfer Moschee gerettet. Geflüchtet in die Schweiz verbrachte er dort sein restliches Leben bis 1966 und verfasste mehrere Texte für schwule Zeitschriften unter einem Pseudonym. 

Einer sucht den Freund

In seinen Texten thematisiert Hugo Marcus den Islam, den er als Religion der Toleranz ansah. Ebenso sind in der Literatursammlung Gedanken von Hugo Marcus über Freundschaft enthalten. Sehnsüchtige Sätze über die Schönheit von Freundschaft und wie schwierig es ist, einen wahren Freund/eine wahre Freundin in seinem Leben zu finden, wie in dem Text “Einer sucht den Freund”: “Die besondere Eigentümlichkeit der Freundschaft ist ein Heimatgefühl zweier Menschen beieinander, die umbraust sind von lauter anderen.” Hugo Marcus schafft es mit seiner verträumten Sprache, Leser:innen für kurze Zeit in seine philosophische Welt eintauchen zu lassen. Durch die oft nicht zusammenhängenden Absätze in einem Text lässt der Autor Raum für eigene Gedanken und Interpretationen.

Wichtige Erinnerungen

Das Buch ist eine wichtige Erinnerungsarbeit, damit eine so entscheidende Person wie Hugo Marcus nicht in Vergessenheit gerät. Er setzte sich jahrelang für die Rechte von homosexuellen Menschen ein. Ebenso wollte Hugo Marcus sein ganzes Leben verdeutlichen, dass zwei doch so verschieden scheinende Religionen miteinander harmonieren können. Der Literat und Aktivist schien keinen Platz für Hass in jeglicher Art zu haben. 

Titelbild:

Einer sucht den Freund & andere Texte

Autor: Hugo Marcus

Verlag: Männerschwarm, Salzgeber Buchverlage GmbH

Erscheinung: September 2022

480 Seiten

€ 25,50

Cover Credit: transcript Verlag