Robin Solf (1997) kennen wir aus der dritten Prince Charming Staffel. Und nicht nur sein Gesicht und seine Extravaganz sind uns bekannt, sondern auch seine Stimme aus den queeren Podcasts: Gag der Podcast und SPUTNIK Pride. Im April war er als DJ bei The FAG.tory Club in Graz. Ein Anlass, um mit dem Wahlberliner einen Spaziergang auf den Schlossberg zu unternehmen und über inspirierende Themen zu sprechen.
Was begeistert dich, Robin?
Robin Solf: Oh wow! Das Unkonventionelle begeistert mich. Das, was ich zuvor noch nie gesehen habe.
Wie begeistert bist du von Graz? Du bist das erste Mal hier.
Graz ist Hammer. So viel habe ich noch nicht gesehen, aber im Vergleich zum dreckigen Berlin ist Graz ganz anders.
Welche Dinge machst du gerne, bei denen du das Gefühl hast, die Zeit verrinnt?
Glücklicherweise bei dem, was ich meinen Beruf nennen darf. All das worin ich mich verliere, weil es keine wirklichen Arbeitszeiten gibt. Meine größten Inspirationen sind Musik, Looks, Inspiration – damit kann ich meine ganze Zeit verbringen und darin verliere ich mich auch gerne.
Du erreichst also einen Flow-State?
Ja, definitiv. Ich kann mich auch noch an die Zeit erinnern, in der ich noch nicht in diesem queren Spektakel unterwegs war. Ich saß zuhause und habe RuPaul’s Drag Race geguckt und dabei gedacht: One Day, will ich auch mal so ein kurioses Leben führen. Jetzt habe ich den Punkt erreicht, an dem ich das mein Leben nennen darf. Daher gerne: Jeden Tag mehr davon!
Du sprichst von einem kuriosen Leben. Was bedeutet das?
Ich weiß, dass queere Menschen – so wie auch ich – oft gerne als “Paradiesvögel” bezeichnet werden. Das Unkonventionelle: Also all das, was vom Alltäglichen, das man auf der Straße trifft, etwas abweicht.
Über welche Dinge kannst du stundenlang reden?
Lacht herzlich. Wie zensiert ist dieses Interview? Ich hätte gesagt: Schwänze. Aber das schneiden wir raus.
Das lassen wir stehen.
Lacht noch herzlicher. Absolut. Das ist gut. Das will man wissen. Und über Musik und queeres Kulturgut kann ich stundenlang reden. Ich lebe ja durch und durch queer. Wenn ich Leute treffe, haben viele nicht das Verständnis dafür. Aber ich finde, dass sich vor allem in den letzten Jahren medial queres Kulturgut entwickelt hat. Es sind sogar Sendungen daraus entstanden.
Es ist auch ein Modestil – wie z. B. Männer, die Make up tragen. Das ist für mich queeres Kulturgut und darüber kann ich mich stundenlang auslassen.
Worin bist du besser als andere?
Improvisieren. Ich vergleiche das immer mit dem Online-Game Mario. Da gibt es Mario, der besitzt Schnelligkeit, Stärke, Intelligenz. Mario war er immer im Mittelfeld und bei all diesen Sachen so halbwegs talentiert. Es gibt auch andere Charaktere in diesem Spiel, die etwa schnell, aber dafür nicht stark sind. Und so sehe ich das in verschiedenen Feldern, denn ich habe nichts, wo ich sagen könnte, das kann ich wirklich sehr gut. Aber ich kann in den besten Fällen, darüber hinweg täuschen.
Welche Fähigkeiten kennen wir von dir nicht?
Ich hab ein wahnsinnig krasses Langzeitgedächtnis. Aber dafür ein schlechtes Kurzzeitgedächtnis. Du kannst mir jetzt zehn Begriffe nennen und ich könnte keine fünf davon aufzählen. Aber ich könnte heute noch den Weg zu meiner ersten Grundschule finden oder dir sagen, was ich auf einer Party vor drei Jahren anhatte. Ich merke mir Random Facts, die in der Vergangenheit zurückliegen.
Bringt dir dein Langzeitgedächtnis auch einen Vorteil?
Ich kann mich immer sehr gut daran erinnern, wie, wo, wann, was passiert ist. Aber es bringt mir nicht so viel, ich habe eher das Gefühl ich leide darunter. Viele lügen und erzählen irgendeinen Stuss. Ich weiß dann immer, das ist einfach nicht wahr, weil ich mich noch daran erinnern kann. Und dann sitze ich da und denke mir, es wäre doch besser, ich hätte es vergessen.
Und an welche Dinge erinnerst du dich gerne und sagst, zum Glück habe ich es nicht vergessen?
Ach, an Kleinigkeiten. Ich habe manchmal so Momente, wo ich sage, das war ein schöner Abend. Jedoch war es gar nichts Besonderes, aber die Erinnerung verbindet mich mit einer Person.
Wofür bist du dankbar?
Ui… Robin denkt nach. Dankbarkeit kommt bei mir zu kurz. Ich bin kein sehr undankbarer Mensch, da ich über Dankbarkeit gar nicht so viel nachdenke. Aber wofür ich sehr sehr dankbar bin ist, dass ich mein Leben so wie ich das will, leben kann. Ich war das Kind, das auf DVD “Sex an the City” geguckt hat, und jetzt kann ich in ähnlichen Looks auf ein Event stranzen und mich dabei fühlen.
Ich kann selbst trashige Popmusik auf einer Party in halbnackten Looks auflegen und werde dafür noch bezahlt. Das ist ein Luxus, den sich nicht jeder leisten kann und ich dafür bin ich wirklich dankbar. Es gibt auch viele andere Menschen, die das auch gern wollen oder trauern würden und es aufgrund ihrer Herkunft oder wegen ihre Familie nicht tun können. Das tut mir leid und daran ich erinnere ich mich auch immer wieder.
Ich bin dankbar so queer leben zu dürfen. Auch wenn es eine Selbstverständlichkeit sein sollte.
Titelbild: © Robin Solf
als Grenzgängerin zwischen digital und analog, gilt ihre Leidenschaft seit vielen Jahren der Content Creation. Am liebsten kreiert Ruperta Text und Bild, die einen Mehrwert haben. Oder ästhetisch sind. Und bewegen. Auch strategisch mischt sie gerne auf, ob als Chefredakteurin oder als zukünftige Entrepreneurin. Als Kind der späten 80er ist sie jung auf den Geschmack des Reisens gekommen. Und liebt es noch immer. So sehr, dass ihr die Ortsunabhängigkeit besonders wichtig ist, hätte da nicht eine Liebe namens Wien dazwischen gefunkt. (Foto: privat)