eine blutige Faust vor einer weißen Wand

Queeres Blut rettet Leben?

in Kooperation mit Aids Hilfe Wien; von Andrea Brunner 

Nicht in der österreichischen Blutspendeverordnung. Es ist endlich Zeit für eine diskriminierungsfreie Blutspende.

„Bei der Befragung des Spenders zu seinem Gesundheitszustand und dessen Dokumentation sowie der diesbezüglichen Aufklärung und Information dürfen keine diskriminierenden Formulierungen verwendet werden“, hieß es schon 2010 in einem Vorschlag des damaligen Gesundheitsministers Alois Stöger zur Blutspendeverordnung, in der §3 ergänzt werden sollte. Gut elf Jahre und mehrere Regierungen später stehen wir immer noch an dem inakzeptablen Punkt, dass diese Verordnung weiterhin nicht den aktuellen gesellschaftspolitischen sowie wissenschaftlichen Entwicklungen und Empfehlungen entspricht. Der soeben zurückgetretene grüne Gesundheitsminister Rudolf Anschober hat zwar mehrmals angekündigt eine diskriminierungsfreie Blutspende zu ermöglichen. Allerdings: Außer erster kleiner Verbesserungen mit einer Verkürzung der sogenannten „Rückstellungsfrist“ von 12 auf 4 Monate bleibt die Diskriminierung weiterhin bestehen.  Und ein zentraler Player bei dieser Ablehnung der diskriminierungsfreien Blutspende ist das österreichische Rote Kreuz, das aus wissenschaftlich nicht nachvollziehbaren Gründen  seit Jahren eine gute Lösung blockiert. 

Wie sieht die aktuelle rechtliche Situation aus? 

Momentan werden in Österreich Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), und transidente Personen von der Möglichkeit zur Blutspende ausgeschlossen. Bisher war der Ausschluss für schwule und bisexuelle Männer zwölf Monate, künftig soll dieser – laut Gesundheitsminister a.D. Rudolf Anschober – „nur mehr“ vier Monate gelten. Für transidente Personen gilt der Ausschluss weiterhin unbeschränkt. 

Geregelt wird dieser diskriminierende Ausschluss mit der Blutspendeverordnung und dem damit verbundenen Standard-Anamnesebogen. Darin werden Männer, die sexuellen Kontakt mit Männern innerhalb der letzten zwölf – künftig vier – Monate hatten oder haben, pauschal von der Möglichkeit der Blutspende ausgeschlossen.  Im Anamnesebogen wird unter anderem folgende Frage gestellt:  „Hatten Sie in den letzten Monaten eines der folgenden Risikoverhalten: (…) In den letzten 12 Monaten: (…) c. Als Mann Sex mit einem Mann?“

Transidente Personen werden in Österreich nicht durch den Fragebogen ausgeschlossen, sondern, durch eine interne Praxis des Roten Kreuzes. Dabei werden sie nicht auf Basis von möglichen Hormontherapien oder möglichen Operationen (jede größere OP sieht richtigerweise einen Ausschluss zwischen vier Wochen und vier Monate vor) sondern rein aufgrund der Geschlechtsidentität. Dagegen haben Transaktivist*innen eine unterstützenswerte Beschwerde bei der Volksanwaltschaft eingelegt, die im Anschluss auch ein Prüfverfahren gestartet hat. 

Blutabnahme | © Nguyen Hiep on Unsplash

Warum es den Diskriminierungsschutz braucht!

Die Entscheidung über den Ausschluss von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität ist also eine politische, keine medizinisch-wissenschaftliche Frage. 

Auch durch die Verkürzung der Frist für Männer, die Sex mit Männern haben, auf vier Monate bleibt die generelle Diskriminierung bestehen – jedes monogame, schwule Paar bleibt weiter ausgegrenzt. Sexuell aktive schwule oder bisexuelle Männer sind damit dauerhaft ausgeschlossen. Am Ausschluss transidenter Personen ändert sich nichts.

Die medizinische Lage ist aus Sicht von Expert*innen klar, ein genereller Zusammenhang zwischen sexueller Orientierung bzw. Geschlechtsidentität und erhöhtem HIV-Risiko besteht nicht. Genau deshalb muss das individuelle Risikoverhalten von Spender*innen die Entscheidungsgrundlage für Fragen der Blutsicherheit sein, auch um eine Gleichbehandlung aller Spender*innen und die Sicherheit durch individuell-konkrete Risikoerhebungen zu gewährleisten.

Die Debatte um eine diskriminierungsfreie Blutspende beschäftigt nicht nur Österreich: Länder wie Ungarn, Brasilien (beides nicht Horte der Gleichstellung, sondern exakt das Gegenteil) und Großbritannien haben diese Forderung angesichts der Corona-Pandemie in den letzten Monaten umgesetzt. Bulgarien, Italien, Lettland, Polen, Portugal oder Spanien beurteilen die Eignung als Blutspender*in nach dem persönlichen Risikoverhalten, nicht nach dem Geschlecht der Sexualpartner*innen.

Es gibt also viele gute Gründe, endlich die Blutspendeverordnung zu ändern, damit es künftig für alle diskriminierungsfrei heißen kann: Spende Blut – rette Leben. 

Mehr Informationen unter www.aids.at 

Titelbild: Photo by Valentin Salja on Unsplash