Unten ohne?

Glänzender Latex, schweißnasse Körper und andere Flüssigkeiten – aber Kondome? Fehlanzeige. Der Trend in der heutigen Pornobranche kommt ohne Gummi aus. Ist ja auch geiler, oder? Aber wie schützen sich Darsteller:innen dann vor gefährlichen Geschlechtskrankheiten? Und wie wichtig ist Verhütung in der Branche eigentlich? Darüber habe ich mit Mila Milan gesprochen. Die gebürtige Klagenfurterin hat bereits mit internationalen Studios wie Digital Playground gedreht, auf Pornhub zählt sie knapp 19 Millionen Views und auch auf OnlyFans ist sie aktiv. 

Regelmäßige Gesundheitstests

Diese sind nicht nur für uns, sondern auch in der Branche sehr wichtig. Jede Firma, die einigermaßen seriös agiert, verlangt vor Drehbeginn einen von den Darsteller:innen und macht in der Regel auch einen Schnelltest am Set. Die Ergebnisse werden ebenfalls unter den Sexualpartner:innen ausgetauscht. Getestet wird dabei auf alle möglichen Geschlechtskrankheiten: HIV, Hepatitis B und C, Chlamydien, Tripper. Die Gültigkeit der Tests ist von der Produktionsfirma abhängig.

Mila Milan | © privat

Bei manchen reicht es, sich dreißig Tage zuvor testen zu lassen, andere wiederum verlangen einen Test, der lediglich drei Tage alt ist. „Der Standard ist aber zwei Wochen“, so Mila Milan. Seit dem Vorfall mit dem spanischen Pornodarsteller Nacho Vidal ist die Industrie mit den Tests noch sorgfältiger geworden. Dieser soll im Februar 2019, bevor er von seinem positiven HIV Test erfahren hat, mit mehreren Frauen ungeschützten Sex gehabt und dabei mindestens neun Frauen angesteckt haben. Der Vorfall wirft nun die Frage auf, warum in Pornos so selten Kondome getragen werden.

Kondome

Dabei gelten sie doch als gängigstes Verhütungsmittel. Sie waren mit dem Aufkommen von HIV in den 80er Jahren vor allem in Homopornos ein großes Thema, als die Branche versuchte, den Gebrauch von Kondomen positiv zu konnotieren. Das hielt sich jedoch nicht besonders lange, bereits in den 90ern wurde wieder gern auf das Verhütungsmittel verzichtet. Der Grund: Ohne verkauft sich einfach besser. Heute sieht man Kondome daher hauptsächlich nur im „Safer Sex“ Genre, allerdings wird auch hier das Kondom vor der Ejakulation wieder abgezogen, um die Szene mit dem sogenannten „Cumshot“, oder „Moneyshot“ fertig zu drehen. Aber wenn Kondome so selten eingesetzt werden, wie sieht das dann mit der Schwangerschaftsverhütung aus?

Schwangerschaftsverhütung

Im Grunde ist für diese jede Darstellerin* selbst verantwortlich. Neben dem Kondom ist das häufigste Mittel ganz klassisch die Pille. Viele benutzen aber auch eine Spirale, verrät Mila Milan, so wie sie selbst auch. Sollte eine Darstellerin* trotzdem schwanger werden, ob gewollt oder ungewollt, bedeutet das für sie meist das Karriereende.

Nicht nur wegen ihrer körperlichen Veränderung oder dem „Mutter-Sein“, sondern auch auf die Gefahr hin, sich Krankheiten einzufangen, entscheiden sich daher viele selbst dazu, mit ihrem Beruf aufzuhören. Um Schwangerschaften muss Frau* sich beim Sex ohne männlichen Partner zwar keine Gedanken machen, aber auch hier werden manchmal Lecktücher als Verhütungsmittel eingesetzt. 

Lecktücher

für den Oralverkehr. Das Tuch aus Latex wird dabei während des aktiven Parts über die Vulva ausgebreitet. Damit schützt es nicht nur vor möglichen Krankheitsübertragungen, sondern verhindert auch die Aufnahme von Körperflüssigkeiten, wie beispielsweise Menstruationssekreten. Verhütung ist zwar ein wichtiges Thema in der Branche, Vidals Fall zeigt aber, dass ihr eindeutig zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird.

Während die Debatte in den USA immer wieder heftig diskutiert wird, ist sie in Deutschland und Österreich kaum Thema. Milan meint dazu: “Ich denke, das liegt daran, dass die Pornoindustrie in den USA wirklich eine Industrie ist, da sind wir einfach zu klein, um überhaupt mitreden zu können.”

Titelbild: Illustration von Melanie Schönwetter