Hier wird Queerness gel(i)ebt!

Das “Feel Free” in der Annenstraße dürfte mittlerweile in der Grazer Queerszene wohlbekannt sein. Und selbst wenn der genaue Name des Vereinslokal und Hauptquartiers der RosaLila PantherInnen nicht bekannt ist, spätestens nach der Beschreibung “Das, wo die ganzen Regenbögen drauf sind. Direkt hinter der Bimstation” ist klar, worum es sich handelt: Ein paar kleine, gemütliche Räumlichkeiten, die nicht nur als Arbeitsraum der RosaLila PantherInnen herhalten, sondern auch als Dreh- und Angelpunkt diverser queerer Angebote dienen. Sei es für die Jugendgruppe, einen gemütlichen Kaffee, oder auch für das Teammeeting – das Feel Free hat Platz für alle. 

Doch mit der wachsenden Queerszene und der zunehmend wichtiger werdenden Öffentlichkeitsarbeit der RosaLila PantherInnen verlangt auch das Feel Free nach mehr Platz. Es soll hier nicht um reine Bequemlichkeit gehen, sondern um die Möglichkeit, sowohl arbeitenden, als auch besuchenden Personen den ihnen zustehenden Platz zu bieten.

Themen wie Coming Out treten immer weiter in den Hintergrund; an ihre Stelle treten vor allem psychische Probleme queerer Jugendlicher*. Um dem Bedürfnis nachzukommen, bedarf es größeren Raums, sowohl für Freizeitaktivitäten, als auch für administrative Fähigkeiten. 

Ein neuer Plan 

“Wie man sieht, wir platzen hier aus allen Nähten”, meint Joe Niedermayer, Vereinsobmann der RosaLila PantherInnen. Allein schon bei organisatorischen Meetings mangelt es an räumlichen Kapazitäten. Die Idee war, nicht nur zu vergrößern, sondern auch einen “Safe Space” zu bieten. Die ursprüngliche Idee, ein queeres Jugendzentrum zu gestalten, wurde verworfen. Zu groß sind die Anforderungen, zu spezifisch die Zielgruppe, zu klein der Platz.

Die Idee, vor allem jungen Menschen einen Safe Space zu bieten, bestand schon länger. Jedoch war diese mit einer großen Herausforderung verbunden. Wie kann man Menschen einen Safe Space bieten, wenn sie vielleicht keinen Weg haben, um diesen Safe Space zu erreichen? Nicht nur Öffi-Verbindungen spielen hier eine Rolle. Auch private Umstände müssen in die Gleichung einbezogen werden. Gerade Jugendlichen fällt es häufig schwer, sich in die Queerszene einzubringen. Alleine der Begriff Queerzentrum bringt Hürden mit sich.

Die Vermutung, diese Räumlichkeiten dienen dem reinen Vergnügen, liegt nahe, und während die Freizeitgestaltung groß geschrieben wird, soll es auch darum gehen, Menschen ein Beratungsangebot zu ermöglichen, ihnen Platz zu geben, um sich zum Beispiel zum Lernen oder gemeinsamen Arbeiten an Projekten zu treffen. Mit dem Plan begann vor allem die Suche nach einer passenden Immobilie. Und diese hatte so manche Kriterien zu erfüllen. Nicht nur die Größe muss stimmen, auch die Lage, die öffentlichen Anbindungen und das Ambiente.

In erster Linie sollte es schließlich um die Menschen gehen, die Zeit in dem neuen Zentrum verbringen würden. Der Wohlfühlfaktor stand also ganz oben auf der Liste. 

Ein Blick hinter die Kulissen 

Joe Niedermayer meint zur Immobiliensuche, genau diese Immobilie sei es geworden, “weil sie in der Nähe ist. Die Immobilie direkt gegenüber des Feel Free wurde es nicht, da er uns nicht haben wollte. Nach Überlegen hat der Vermieter zwar interveniert, aber zu diesem Zeitpunkt hatten wir bereits eine zweite, bessere Option gefunden.”

Diese neue Immobilie befindet sich nicht nur ein paar Meter entfernt von der ursprünglich geplanten, sondern ist auch angebunden an den Großteil der Straßenbahnlinien in Graz. Und direkt nach der abgeschlossenen Suche, ließ die Fortsetzung des Plans nicht lange auf sich warten. Die Umbauten haben bereits begonnen.

Joe verrät, dass es aber noch nicht klar ist, wann das Community Zentrum eröffnet wird. Angepeilt wird Frühling 2023. Im Interview gibt Joe auch Einblicke hinter die Kulissen. Ein großes Dankeschön gelte vor allem der nun linken Regierung in Graz, die ihre Unterstützung für solche Projekte zeigt. Joe erklärt, warum dies so wichtig ist: “Es gibt in der sozialen Welt so etwas wie eine Bedürfnispyramide. Bei dieser stehen dramatischere Themen, wie beispielsweise Hunger, Obdachlosigkeit und Gewalt ganz oben. Die Themen, die vor allem für uns interessant sind, wie psychologische Hilfe und alles rund ums Thema queer* stehen auf der Pyramide weiter unten”, sagt er. „Dadurch freut es mich noch mehr, dass wir dennoch die Zustimmung bekommen haben”, schließt Joe die Erklärung. 

Der eigene Grazer Regenbogen

Doch was genau sollen denn die “Attraktionen” des neuen Community Zentrums werden? Dass mehr Platz für diverse bereits bestehende Projekte geben sollte ist klar, doch abgesehen davon, liegt der Schwerpunkt dabei vor allem auf die Aversion zum Konsumzwang gelegt. Es soll zwar eine Bar geben, die Snacks und Getränke zur Verfügung stellt, doch wird der Fokus auf Sicherheit für alle Gruppen und auf psychologische Beratung gelegt.

Nicht nur als Erweiterung des Feel Free soll das Queerzentrum gesehen werden, sondern auch als der eigene, bunte Fleck auf der Landkarte von Graz. Neben dem Beratungsangebot soll das Zentrum vor allem durch die Ideen der Community geformt werden. Es soll ein Treffpunkt zum voneinander Lernen sein. Zur Verbindung und Vernetzung, zum Spielen und Filmabende-Veranstalten. Und zum sicher Sein. Ein Ort, an dem ein offenes Ohr wartet, Unterstützung und auch Not-Schlafmöglichkeiten. 

Die Räumlichkeiten des Feel Free sollen nun zum reinen Arbeits- und Büroplatz werden, für organisatorische und interne Belange, wie auch für Beratungsgespräche. Die große Frage über die Finanzierung des Queerzentrums, kann mit einem hoffnungsvollen Lächeln beantwortet werden: Die Betriebskosten werden von der Stadt Graz finanziert. Es fallen aber noch zahlreiche andere Kosten an: Personal, Computer, Fernseher, etc. Das alles wird von den RosaLila PantherInnen selbst finanziert, durch die monatliche Fagtory, das CSD-Parkfest und vor allem durch den Tuntenball. Jedes Tuntenballticket trägt wesentlich zur Finanzierung dieses Projekts bei, wodurch auch jede:r Teilnehmende einen Beitrag dazu leistet. Auch namhafte Firmen wie Magenta, die Hauptunterstützer des Tuntenballs sind, und Ikea tragen zur Finanzierung bei.

So wird das Community Zentrum aussehen | © RosaLilaPantherinnen

Mitten im Geschehen 

Direkt im Eingangsbereich werden Arbeitsplätze, die zum Austausch und zur Produktivität einladen, angeboten. Die zur Verpflegung bereitgestellte Bar begrüßt jede:n Besucher:in. Anschließend findet sich ein Ort voll und ganz der Quality Time gewidmet, mit Sitzecken zum Entspannen und einem Fernseher für Videospiele oder auch für Filmabende.

Da es ein großes Anliegen der RosaLila PantherInnen ist, einen Raum für queere Personen zu schaffen, in dem man nicht zum Konsum gezwungen wird, ist dieser Raum von besonderer Bedeutung. Am hinteren Ende des Zentrums wird ein Beratungsraum eingerichtet, mit Sofas, Schreibtisch und Lampen. Für diesen Raum bedanken sich die RosaLila PantherInnen herzlich bei Ikea Österreich als Sponsoren.

Die Wichtigkeit von LGTBIQ-Themen wird dadurch auch von solch großen Namen unterstützt, die damit zeigen: “Wir werden gehört, wir sind wichtig, und wir sind laut.” Wie der Name schon verrät, wird dieser Raum Verwendung zur psychosozialen und Peer-Beratung im privaten, diskreten Rahmen finden.

Titelbild: Symbobild vom zukünftigen Community Zentrum | © RosaLilaPantherinnen