#Yespridemonth

Candy Licious ist Drag Queen und Aktivistin. Wir haben sie zu einem Gespräch über die Community und ihre Arbeit als Drag Artist, aber auch über zunehmende Hassverbrechen getroffen.

Wer bist du und was machst du?

Mein Name ist Berni. Ich bin ursprünglich aus der Steiermark, 31 Jahre alt und ein Vollblut-Aktivist. Angefangen habe ich vor circa zehn Jahren bei der Aids Hilfe. Ich bin aber auch seit sechs Jahren Candy Licious, Drag Queen und Drag Artist. Ich versuche mit Drag aufzuzeigen, dass Kleidung und Make-Up kein Geschlecht hat, mache Performances, aber ich betreibe auch als Candy Aktivismus. So ein bisschen Berni in an Nutshell.

Wie wirst du wahrgenommen wenn du als Candy auf die Straße gehst?

Wie werde ich wahrgenommen? Als…. sehr große Person. Ich bin schon fast 1,90 und mit High Heels und meine Perücken sind meistens „the higher the hair the higher to share“ (lacht). Dadurch sehr groß und meistens sehr bunt, weil Candy Licious ist zu 95% immer in bunten, zuckerlfarbenen Outfits unterwegs.

Das heißt, ich werde natürlich so wahrgenommen und ich werde von der Community als die Person wahrgenommen, die natürlich auch viel Aktivismus macht. Was mich sehr freut. Ich bin für die Aids Hilfe unterwegs und verteile Kondome in Drag. Ich durfte kleinere Prides wie Himberg und heuer Mistelbach moderieren. Das erkennen die Leute und sehen, ich bin nicht nur der Künstler, der auf der Bühne ist und eine Show macht, sondern mir ist auch die Community wichtig. 

Wie ist denn die Stimmung auf kleineren Prides? Für Mistelbach war es ja auch die erste.

Es war total toll und es war eine Ehre, dass ich diese Pride moderieren durfte. Ich bin nicht von dort, aber sie haben mich gefragt. Bei der ersten Pride einem ländlichen Ort teilzuhaben, dadurch, dass ich selber vom Land bin, hat für mich einen ganz anderen Wert. Wenn ich mir vorstellen würde, es wäre in Deutschlandsberg eine Pride, würde ich mich auch freuen, da zu moderieren.

Aber es war auf alle Fälle ein tolles Gefühl zu sehen, dass junge Leute sich viel mehr trauen, als damals als ich noch jung war. Ich glaube, vor 15 Jahren hätte es das in den kleineren Ortschaften nicht gegeben. Und von dem her finde ich es bemerkenswert, wenn junge Menschen nicht nur in Wien auf die Pride gehen und Party feiern, sondern wirklich eine Pride, eine Demo, organisieren und sagen “Okay, wir sind auch am Land da”.

Es wird jetzt auch mehr wahrgenommen, dass Pride jetzt nicht nur Homosexualität betrifft, sondern wirklich das ganze Spektrum an persönlichen Lebensformen. Und das eigentlich alle betrifft und alle mitmachen sollten. 

Ja, und auf alle Fälle. Dadurch, dass eben nicht nur, ich sag jetzt mal schwul und lesbisch, in den Medien ist, sondern viel mehr auch trans und zum Glück auch viel mehr berichtet wird. Und dadurch haben junge Menschen einfach auch das Wissen, dass wir damals, glaube ich, auch gar nicht hatten und wir hatten noch nicht die Namen dafür.

NonBinary – also das Wort kannte ich sehr lange nicht, das gab es lange bei uns nicht. Dadurch finde ich es einfach toll, dass man den Dingen einen Namen geben kann. Und Geschlecht ist einfach so vielfältig. Und Gender, also soziales Geschlecht und biologisches. Von dem her finde ich es toll, wie sich das entwickelt, dass junge Menschen prinzipiell die Möglichkeit haben oder haben könnten, weil nicht immer haben sie die Möglichkeit, das auch auszuleben. Natürlich je nachdem wo sie sind, welches soziale Umfeld sie haben oder ja, auch wo sie geboren sind.

Candy Licious | © Alex Schwarz

Es gibt so viele positive, aber leider auch negative Entwicklungen. Fangen wir mit der Kinderbuchlesung an. Da gab es bereits im Vorhinein Proteste und vor allem die Aktion mit der Mauer vor dem Eingang der Bibliothek. Wie hast du die Lesung selbst wahrgenommen und wie war es für die Kinder?

Die Lesung war irrsinnig aufregend. Ich bin aufgewacht und ich habe dann die Nachricht bekommen „Da ist eine Mauer vor der Bibliothek“. Ich habe es einfach nicht glauben können, dass so etwas passiert. Ich verstehe es bis heute nicht, aber ich versuch nicht zu viel drüber nachzudenken, weil es eh keine Antwort gibt. So eine extreme Gegenaktion wegen einer Kinderbuchlesung. Das hat mich irrsinnig verwundert und traurig gemacht, dass sowas passiert.

Als ich vom Studio zur Bücherei gegangen bin, mit zwei Securitys, die mich abgeholt haben und Freund:innen, die da waren und mir Unterstützung gegeben haben, war das natürlich sehr emotional. Als ich dann drinnen gesessen bin und die Kinder gekommen sind, habe ich mich sehr zusammenreißen müssen, dass ich nicht sofort zu Heulen anfange, weil ich einfach so eine Erleichterung gefühlt habe. Die Kinder haben es sehr toll gefunden.

Es waren, glaube ich, an die dreißig Kinder. Angeblich mussten auch Personen mit Kindern, die kommen wollten, nach Hause geschickt werden, weil es zu voll war. Ich habe mir im Vorhinein gedacht: Okay, wenn zwei Kinder kommen, wird es viel sein mit dem ganzen medialen Aufruhr. Aber dass so viele kommen, mit dem hätte ich nicht gerechnet. Und die Kinder waren vor allem zum Schluss begeistert.

Ich hatte eine verschließbare Box mit und darin waren viele Federboas und Sonnenbrillen und Sachen zum Verkleiden. Ich habe von Anfang an gesagt: „Das ist die Zauberkiste und zum Ende der Lesung wird sie geöffnet“. Den Kindern hat das natürlich total gefallen. Als es dann vorbei war, musste ich durch den Hintereingang raus und auch wieder mit den Securitys in einen Kastenwagen. Also es war wie im Film und sie haben mich dann zurück ins Studio geführt.

Als ich angekommen bin und weg von der Location war, war ich….  also da sind erst einmal alle Tränen rauskommen, weil ich bei der Lesung versucht habe, mir nichts anmerken zu lassen, vor allem vor den Kindern natürlich. Es war einfach ein sehr emotionaler Tag, aber die Lesung selber, dass die so gut funktioniert und so guten Zuspruch hat, mit dem hätte ich wirklich nicht gerechnet und bin froh darüber. Ich habe danach Anfragen bekommen für weitere Lesungen.

Im September darf ich wahrscheinlich eine Lesung machen bei einem queer-feministischen Festival. Also von dem her darf ich das auch weitermachen. Und das ist natürlich schön zu sehen. 

Was glaubst du, was für eine Art Mensch muss das sein, dass man eine Kinderbuch Lesung boykottiert um zu verhindern, dass jemand hin kann? 

Ich glaube das sind Menschen, die selber keine queeren Menschen kennen oder vielleicht eine schlechte Erfahrung gemacht haben. Ich weiß es nicht. Und Menschen, die einfach nicht empathisch sind. Also ich finde, es hat ganz viel mit Respekt und Empathie zu tun, wenn man so eine Veranstaltung stört, obwohl man die andere Person nicht kennt.

Ich glaube, dass das einfach Menschen sind, die es nicht besser wissen und eben vielleicht einfach noch nicht wirklich mit einer Person gesprochen haben, die selber queer ist. Und ich sage immer, eine Meinung kann jeder Mensch haben, aber die Aktion dahinter tut weh. Menschen, die solche Aktionen machen, da denken die Menschen dann leider nicht mit, was das für Auswirkungen haben könnte. 

In letzter Zeit hört man immer wieder davon, dass queere Menschen beschimpft und körperlich angegriffen werden, dass Regenbogenflaggen zerstört und Zebrastreifen übermalt werden. Bist du selber bereits Opfer von so etwas geworden? Wie gehst du damit um? 

Heuer wurde ich Zielscheibe von Negativität. Natürlich, ich sehe das auch und es ist wirklich befremdlich, wie stark und sichtbar die Gegenbewegung ist. Wir queeren Menschen sind auch viel sichtbarer geworden. Es gibt viel mehr Prides, viel mehr Regenbogenfahnen und leider auf der anderen Seite auch die Menschen, die dagegen sind. Vor der Lesung habe ich immer wieder mal solche Situationen erlebt.

Die schlimmste war eigentlich meine Schulzeit, wo ich einfach jeden Tag als Schwuchtel bezeichnet worden bin. Als ich dann die Stärke hatte zu mir zu stehen und in Wien war, wurde es definitiv seltener. Im ersten Jahr, in dem ich in Wien gewohnt habe, wurde ich in einem Lokal attackiert. Jemand ist zu mir gekommen, hat „Scheiss Schwuchtel“ gesagt und mir eine Kopfnuss geben. Dann war wieder eine Zeit lang nichts, dann ab und zu Kommentare auf der Straße und 2019 während der Pride bin ich einige Male nicht von einem gewissen amerikanischen Taxiunternehmen mitgenommen worden.

Einmal bin ich auch mit meinem Exfreund aus einem Taxi rausgeschmissen worden. Also doch immer wieder. Und ich muss sagen, die Schulzeit und das mit der Lesung waren die größten Ereignisse, die am meisten mit mir gemacht haben. 

Gibt es Dinge, die du Betroffenen raten kannst, wie sie mit solchen Situationen umgehen können? 

Auf alle Fälle ist es wichtig darüber zu reden und ich weiß, wie schwer es ist. Das ist natürlich ein sehr, sehr großer Schritt und es gibt mittlerweile sehr gute Institutionen und Organisationen, die da spezialisiert sind und auch wirklich guten Rat haben. Um so einen Rat anzunehmen, muss man vertrauen. Vertrauen kann in der Situation, wenn man Opfer von queer-feindlichen Attacken wurde, sehr eingeknickt sein.

Von dem her hoffe ich einfach, dass jede Person eine Vertrauensperson hat und dann auch den Mut, weil ich finde, es ist irrsinnig mutig, wenn man das einer anderen Person erzählt. Organisationen wie zum Beispiel die Rosalila PantherInnen in Graz oder die HOSI in Wien oder die Courage, das sind wirklich gute Organisationen, die damit auch die jahrelange Erfahrung haben und so etwas nicht das erste Mal hören. Die können auch Tipps geben, was man tun kann. Von dem her rate ich den Menschen wirklich mit irgendwem darüber zu reden, auch wenn es schwer ist. 

Glaubst du, dass vielleicht zu wenig getan wird, um dem Hass vorzubeugen? 

Ich glaube, dass im Schulsystem noch viel mehr das Thema mit einbezogen werden muss. Ich sehe da eine massive Lücke, die gefüllt werden kann mit Aufklärung, aber schon von klein auf. Ich denke mir, wenn man da mit jungen Menschen viel mehr darüber redet und Workshops macht und ihnen die Möglichkeit gibt zu sehen, wie vielfältig die Menschheit ist, dann kommen die Menschen, wenn sie heranwachsen, viel mehr zusammen und akzeptieren und respektieren einander.

Und das zweite, wo viel getan werden muss, sind die Medien und alle Dienstleistungen, ob das jetzt der Handel ist, die einfach alles einteilen in Mann Frau, rosa ist Mädchen, blau ist männlich. Da gibt es noch so viel, was getan werden muss, damit man dem entgegenwirkt und einfach einmal den Mensch Mensch sein lässt. Was natürlich auch wichtig wäre, ist, dass queere Menschen die gleichen Rechte haben wie nicht queere Menschen. Solange das nicht der Fall ist, wird es gesellschaftlich ganz schwer sein, dass wir als Community da viel besser wahrgenommen werden.

Von dem her muss da die Politik nachziehen und sagen „Okay, passt. Ihr seid auch Menschen in unserem Land und ihr bekommt komplett die gleichen Rechte.“ Und das ist jetzt einfach nicht der Fall. Erst wenn das auch der Fall wäre, wenn alle Menschen wirklich die gleichen Rechte und Pflichten haben, erst dann kann man gesellschaftlich  viel tiefer gehen. 

Die Gesellschaft zeigt Tendenzen, dass Vieles was die Community erreicht hat, wieder zurückgenommen wird. In vielen Ländern der Erde ist das besonders drastisch sichtbar (USA: Abtreibungsverbot, Ankara: Pride Parade verboten, uvm…). Wie können wir verhindern, dass so etwas auch bei uns passiert?

Unter anderem in dem Menschen, die wählen dürfen, wählen gehen sollten, um die Parteien zu wählen, von denen wir wissen, dass sie auf unserer Seite sind. Weil die Personen, die solche Gesetze machen, ob das die USA sind, wo da das Gericht noch unter Trump berufen wurde oder Orban oder Polen, das sind natürlich Personen, die gewählt worden sind. In den meisten Ländern.

Von dem her finde ich, verhindern kann man das, indem man schaut: Okay, wer ist auf unserer Seite oder auf der Seite der Menschheit und der Menschenrechte? Und denen dann auch die Stimme gibt. Wir leben in Ländern, wo die Politik Gesetze macht. Von dem her müssen wir auch schauen, dass die Politik unsere Forderungen umsetzt. In Österreich war es natürlich der Fall, dass eigentlich alle oder fast alle Rechte oder Gesetze, die für queere Menschen durchgesetzt wurden, geklagt wurden, weil die Politik versagt hat. Dem könnte man entgegenwirken.

Und natürlich, dass im Bildungsbereich angefangen wird viel mehr darüber zu reden. Je mehr Menschen sich outen und auch natürlich Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, desto mehr Menschen trauen sich sich auch selber zu outen. Von dem her finde ich es auch wichtig, dass die Menschen, die viel Einfluss haben, ob das jetzt irgendwelche Sportler:innen sind oder andere Künstler:innen, sich outen und somit anderen Mut geben. 

Candy Licious | © Alex Schwarz

Wie wichtig sind geschützte Räume, also Safe Spaces für die Community? 

Ich finde Safe Spaces prinzipiell immer sehr wichtig und sehr gut. Ein Safe Space ist finde ich essenziell, bis zu dem Zeitpunkt, wo wir sie nicht mehr brauchen, weil wir überall sicher sind. 

Im Prinzip sucht man sich ja auch selber die Safe Spaces aus. Was für den einen ein Safe Space ist, muss es nicht auch für die andere Person sein. Also Safe Space ist natürlich auch ein Begriff, den jeder Mensch für sich selber definiert. 

Was machst du, wenn dir das alles zuviel wird? Hast du einen besonderen Rückzugsort oder eine Art Ritual, um wieder etwas Abstand zu gewinnen?

Das Studio ist ein bisschen mein Rückzugsort geworden. Wenn ich merke, „okay, es ist gerade total viel los“, rede ich mit meiner Mutter und mit meinen Freund:innen. Ich bin aber auch gerne zu Hause bei meiner Katze oder in der Natur und Radfahren. Also es kommt immer darauf an, was ich gerade brauche oder was sind auch die Umstände oder Gegebenheiten. Ich muss auch sagen, dass ich das erst wirklich lernen musste.

Ich nehme seit letztem Jahr auch Antidepressiva, weil ich erst sehr spät angefangen habe, alles zu verarbeiten, was in meiner Jugend passiert ist. In dieser Zeit von Schwuchtel und anderen Ausgrenzungen. Mittlerweile ist es so, dass ich jeden Tag versuche den Tag zu reflektieren und in der Früh auch so ein bisschen positive Gedanken hervorzurufen. Aber das ist natürlich das, was ich mache. Ich ziehe mich natürlich auch manchmal ganz allein zurück, weil ab und zu braucht man einfach Abstand zur Außenwelt, um wieder zu reflektieren.

Das ist ganz wichtig im Leben, dass man immer ein bisschen überlegt, was man selber als Mensch zu Gesellschaft beiträgt. Ich bin sehr empathisch und sozial veranlagt und bei vielen Vereinen aktiv. Das kann manchmal schon erdrückend sein. Von dem her muss ich da einfach immer wieder versuchen, da meine Gedanken rauszubekommen. Was bei mir immer ganz gut hilft, ist ganz schnell mit dem Rad fahren. Das bewirkt bei mir ganz viel. Meistens ist es dann auch wirklich so, dass wenn ich zum Beispiel mit dem Rad gefahren bin oder zu Hause war, dass ich dann doch das Bedürfnis habe, mit irgendwem zu reden.

Es ist auch wichtig, dass man da nicht alleine ist. Auch wenn vielleicht Tipps von Freund:innen nicht umsetzbar sind, tut es gut, wenn man sich einfach das von der Seele geredet hat. 

Siehst dich selbst als Vorbild? 

Ja. Natürlich auch dadurch, dass ich sehr viel mache und mir immer wieder Leute schreiben und sagen Danke, dass du da vorne stehst und für uns auf die Straße gehst. Aber mit dem habe ich erst umgehen müssen, dass ich auch  diese Komplimente annehme. Ich glaube, ich habe doch eine größere Vorbildwirkung als angenommen oder werde anders gesehen von den Leuten.

Von dem her ja bin ich auch gerne ein Vorbild und ich sage immer okay, wenn irgendwer was braucht, kann man mich anschreiben und ich gebe gern meinen Rat weiter. Ich mache auch Online-Beratung für die Aids Hilfe Wien und kann natürlich da meine Erfahrungen teilen und die teile ich auch gerne. Ich sprech offen die Sachen an, ob das Mental Health ist oder Geschlecht und Gender. Ich hab da auch keine Hemmungen über irgendwas zu reden. 

Was motiviert dich und was treibt dich an? 

Prinzipiell motiviert mich eigentlich ganz viel. Ich bin ein Mensch, wenn ich etwas gerne mache, dann schöpfe ich aus dem auch Motivation. Das ist eine Symbiose. Deswegen mache ich so viel oder kann so viel machen. Ich habe einen Vollzeitjob, mache nebenbei Drag, ich bin in Vereinen und dort auch im Vorstand und das gefällt mir alles.

Mir ist ganz wichtig, dass ich Leute um mich habe, mit denen ich mich verstehe. Und das motiviert mich immer weiter zu machen. Dass ich weiß, heute habe ich wieder das Privileg, das zu tun, was ich gerne tue. Was mich als Aktivist antreibt, ist zu sehen, dass wir einfach noch was erreichen müssen. Das sind die gleichen Rechte und das ist mir sehr wichtig. Also die Gleichstellung, weil es eben auch mich betrifft.

Ich will nicht nur zuschauen, sondern auch wirklich was verändern. Das war damals so, als ich angefangen habe mit dem Aktivismus. Jetzt sehe ich das auch in einem globalen Kontext, dass wir da zusammenhalten müssen. Das motiviert mich auch immer weiter das zu tun und Aktivist zu sein. 

Was für Zukunftspläne hast du und gibt es etwas, das du unbedingt noch machen möchtest?

Nach Madrid ziehen. Madrid ist meine Lieblingsstadt. Ich habe schon einmal für drei Monate dort gewohnt und ich war jetzt wieder zur Pride dort. Mein Plan in den nächsten fünf bis zehn Jahren ist auf alle Fälle dort noch einmal hinzuziehen, weil das Gefühl dort einfach ein ganz anderes ist und ich die Sprache und das Leben dort liebe.

Andere Zukunftspläne, die ich habe: Auf alle Fälle mehr Lesungen machen. Ich arbeite aktuell an meiner eigenen Website, damit ich das auch wirklich aktiv anbieten kann. Ein weiterer Plan für die Zukunft ist, dass es nächstes Jahr in Stainz ebenfalls einen Regenbogen-Zebrastreifen gibt, den ich dann eröffnen werde. Weil es mir wichtig ist, dass in meinem Heimatort auch was passiert. Ich bin in so vielen kleineren Städten, aber dass dort wo ich groß geworden bin noch nichts ist, das hat mich heuer irrsinnig genervt. 

Was möchtest du unseren Leser:innen noch unbedingt mitgeben? 

Dass man darauf achten muss oder soll, welche Aktionen man macht oder Meinungen äußert, weil die oft verletzen können. Ich finde es immer ganz wichtig zu kommunizieren und in Ruhe miteinander versuchen zu sein. Mir ist einfach das Miteinander wichtig. Miteinander reden, zuhören und einander verstehen und respektieren. Wenn man sich nicht auskennt oder wenn man Fragen hat, dann auch wirklich zu fragen. Und nicht davon ausgehen, dass das so ist. 

Also von dem her ist das ganz wichtig, dass man  nachdenkt und zuhört und miteinander das Leben feiert. 

Wie viele Outfits und Schuhe hast du eigentlich? Hast du da noch einen Überblick? 

Dadurch, dass jetzt im Juni auch einiges dazugekommen ist und ich einiges repariert habe, ja. Ich habe an die 20 bis 25 Paar Schuhe, die ich häufig trag. Bei den Outifts weiß ich es nicht, weil ich ja auch viel verschieden kombinieren kann.

Du hast hinter dir eine Nähmaschine stehen. Nähst du deine Outfits selber? 

Ich habe die erst kürzlich wieder hervorgeholt und mache kleine Änderungen, aber nichts Großes. Ich habe den Platz einfach nicht. Wenn ich kreativ bin, dann gehe ich zu meinen Designerinnen, die immer wieder was für mich machen und sage okay, das stelle ich mir vor oder das hätte ich gern und sie setzen das mit mir um. Die Nähmaschine ist einfach da für viele kleinere Sachen. 

Du verdienst mit Drag auch Geld, aber hast dennoch einen Vollzeitjob. Wie ist das Verhältnis, finanziert deine Dragkunst sich mittlerweile selbst? 

Mittlerweile kann ich natürlich schon mehr verlangen. Das Verhältnis ist je nachdem, welche Anfragen ich bekomme, also ob das Firmen sind oder Privatpersonen. Aber mittlerweile gleicht es sich aus. Im Juni habe ich sehr gut verdient. Da waren einfach viele Sachen, die auch gut bezahlt waren.

Drag wird leider noch immer viel zu wenig als wirkliche Kunst gesehen. Ich habe da auch zwei bis drei Stunden Vorbereitung und das ist nur das Styling selber und die Überlegung, was ich anziehe. Vielleicht mache ich eine Perücke neu für das Outfit selber. Das sehen die meisten Menschen nicht und von dem her sind sie dann verwundert, wenn man den einen Preis hat und sagt ja, es ist eine Kunstform. Ich bin Künstler. 

Titelbild: Unser Redakteur Peter (links) und Candy Licious beim Interview | © Katharina Wakonig