Laut, fordernd und bunt

Anna Robosch ist mit 22 Jahren für die Grazer SPÖ in den Gemeinderat eingezogen und setzt sich seitdem für vielfältige Themen ein: Neben Verkehrs- und Wohnpolitik beschäftigen sie insbesondere Gleichstellungsthemen. Anlässlich des Pride Months habe ich mich mit der Gemeinderätin über ihre Karriere und konkrete Forderungen im queer-feministischen Bereich unterhalten.

Du beschäftigst dich ausgiebig mit Frauen*themen und setzt dich für sie ein. Wie fühlt es sich denn im Jahr 2022 an, als junge Frau in der Politik zu stehen? Wirst du mit Diskriminierung oder Anfeindungen konfrontiert, weil du eine Frau bist?

Da muss ich leider sagen: Ja. Ich denke, jede:r muss sich darüber bewusst sein, dass dieses Problem immer noch existiert, und dieses Problem nennt sich Sexismus. Ich war tatsächlich erstaunt, als ich in den Gemeinderat eingezogen bin, weil ich anderes erwartet habe. Mir wurde gesagt, ich sei zu jung und zu laut und man würde sich deswegen nicht mit meinen Argumenten auseinandersetzen. Stattdessen sind diese Leute zu meinem Parteiobmann gegangen und haben ihm gesagt, er müsse mich besser unter Kontrolle halten. 

Wie hast du auf diese Anfeindungen im Gemeinderat reagiert?

Ich habe zuerst versucht, mir eine dicke Haut anzugewöhnen und habe daran gefeilt, meine Argumente zu verbessern. Mein Appell an alle ist jetzt: Das ist nicht der Weg. Deine Argumente sind schon gut genug. Manche Männer legen bestimmte Mittel an den Tag, um uns Frauen nicht ernst nehmen zu müssen. Schlussendlich habe ich einen dringenden Antrag im Gemeinderat vorgebracht, der eine Sexismus-Schulung für alle forderte.

Es hat mich sehr erstaunt, wie sich bei der Bearbeitung dieses Antrags die Stimmung verändert hat. Plötzlich war alles ganz ruhig, es wurden nur die Frauen*vorsitzenden der jeweiligen Parteien nach vorne geschickt. Natürlich haben gewisse Parteien diese Forderung abgelehnt, von einigen wurde sie jedoch auch sehr gut aufgenommen. 

Innerhalb deiner Tätigkeit im Gemeinderat setzt du dich für vielseitige queer-feministische Themen ein: So gibt es etwa einen Videoclip von dir, in dem du dich für die Entstigmatisierung der Periode aussprichst. Warum denkst du ist dieses Thema immer noch ein Tabu in unserer Gesellschaft?

Weil es mit Ekel verbunden wird –leider von allen, nicht nur von Personen, die nicht menstruieren. Leider hat das für menstruierende Personen manchmal sehr negative gesundheitliche, oft auch psychische Konsequenzen. Es ist meiner Meinung nach das Wichtigste, über den eigenen Körper Bescheid zu wissen, denn nur so kann man ihn einschätzen und auf Warnsignale reagieren. 

Anna Robosch | © Nikola Milatovic

Du engagierst dich auch stark für die queere Community in Graz, wirst bei fast jeder Podiumsdiskussion der RosaLilaPantherinnen eingeladen. Was kann für die LGTBIQ-Community auf Stadtebene erreicht werden? Vieles muss doch vom Bund aus entschieden und umgesetzt werden.

Als ich in den Gemeinderat gekommen bin, hatten wir einen Bürgermeister, der offen homophob war. Auch während meiner Arbeit habe ich seine Abneigung gegenüber der LGTBIQ-Communtiy gespürt: Seit vier Jahren kämpfe ich nun schon dafür, dass Regenbogenfahnen in der Herrengasse und auf Bussen und Straßenbahnen gehisst werden. Das hat er damals verhindert, obwohl er für Verkehrspolitik nicht zuständig war.

Doch dieses Jahr ist es endlich so weit – während dem Pride Month werden in der Herrengasse Regenbogenfahnen wehen. So etwas mag wie eine Lappalie klingen, doch für Menschen, die sich noch nicht geoutet haben, die noch im Selbstfindungsprozess sind und täglich eine Identitätskrise erleben, bedeuten solche Symbole alles.

Graz sagt damit: Ich liebe dich so, wie du bist! Und das muss Graz vor allem nach den letzten Jahren noch oft und auf verschiedene Art und Weise tun.

Wenn man sich deine Karriere ansieht, kann man sagen, dass du sehr ambitioniert bist. Was sind denn deine Pläne für die Zukunft?

Ich bin mittlerweile so in dieser kommunalen Struktur verankert, dass das auch mein Plan ist: Ich möchte in der Stadtpolitik bleiben. Ich möchte Graz sozialer, klimafreundlicher und gerechter machen. Und dafür werde ich während dieser Periode versuchen, jede Sekunde aufzuwenden.

Titelbild: Anna Robosch | © David Pichler