Manuel Rieder studiert Soziale Arbeit an der FH JOANNEUM in Graz. Mit seinem Studium bringt er sich auch an der FH ein. Während der Corona Pandemie baute er das ÖH Projekt „forum selbstfürsorge“ auf, bei dem es darum geht, dass Studierende sich gegenseitig im Bereich mentale Gesundheit unterstützen.
Was ist Selbstfürsorge?
Manuel Rieder: Alles, was damit zu tun hat, dass ich mich um mich selber kümmere und darum, dass es mir gut geht. Mit Studierenden ist das ein schwieriges Thema, weil das Gesundheitsverhalten von Studierenden, glaube ich, insgesamt nicht so das Beste ist.
Meinem Gefühl nach ist es extrem schwierig, diese Leute so weit zu bringen, dass sie sagen: „Okay, mir geht es nicht gut. Es funktioniert noch alles irgendwie, aber ich könnte ja trotzdem mal schauen, dass es mir besser geht.“ Beim „forum selbstfürsorge“ geht es deshalb im Grunde um Community Organizing. Dabei wird eine Gemeinschaft so unterstützt, dass sie besser funktioniert.
Ziel ist es, ein Angebot zu schaffen, bei dem sich Studierende untereinander vernetzen und dann über Multiplikatoren arbeiten. Ein weiterer Weg ist der Discord Server von der ÖH, wo die Leute einfach die Möglichkeit haben hinzugehen, völlig anonym, und auch ohne ihr Gesicht preiszugeben, in Kontakt treten können.
Was war dein Impuls für dieses Projekt?
An der FH und an vielen anderen Hochschulen herrschte seit Beginn der Corona Pandemie Chaos ohne Ende. Im Herbst 2020 gab die FH einen Versuch, eine Peer-Beratung anzubieten. Diese wurde so gut wie gar nicht angenommen. Am Ende des Semesters dachte ich mir: „Hey, das kann doch nicht sein. Dass wir gerade hier an der FH, wo wir einen Studiengang für Soziale Arbeit haben, also Leute, die wirklich eigentlich das machen, es nicht hinkriegen, so etwas anzubieten.”
Ich habe mich umgeschaut, was es denn eigentlich für Angebote gibt. Im Grunde gab es nur die Psychologische Studierendenberatung (kurz PSB), die mit einer handvoll Mitarbeiter:innen rund 60.000 Studierende betreuen muss. Und da habe ich mir gedacht, es wäre doch eigentlich cool, wenn es an der FH was gäbe.
Das führte dann zur Gründung des forum selbstfürsorge.
Wie siehst du die Gesamtsituation im Bezug auf psychologische Unterstützung?
Mit Corona ist das Thema ein bisschen präsenter und in den Vordergrund gerückt worden. Da muss man allerdings sagen, dass das für Studierende gilt. In der Politik hingegen ist extrem wenig passiert. Die Maßnahmen der Unis waren eine völlige Katastrophe – durch die komplette Corona Situation hindurch.
Niemand hat gewusst was jetzt passiert. Und die haben sich damals dazu bereit erklärt, dass sie in Österreich fünfzehn Planstellen, davon drei in Graz zusätzlich für die psychologische Studierendenberatung anbieten. Wenn man sich die Realität anschaut, bedeutet das, dass eine Person, die für 8000 Studierende zuständig war, nun nur noch 6000 Studierende betreuen muss.
Der größte Teil der Menschen, die Mitglied in dem System Hochschule sind, sind Studierende. Das sind nicht die Leute, die dort arbeiten und unterrichten. Für Angestellte der Hochschulen muss es ein Gesundheitsförderungsangebot geben. Das ist gesetzlich so festgelegt. Und für die Studierenden gibt es das nicht. Solche Angebote sind wichtig und es muss Stellen an den Hochschulen geben, an die Studierende sich wenden können. Die müssen da sein, die müssen erreichbar sein, die müssen auffindbar sein. Und dann sollten sie hoffentlich auch noch qualitativ hochwertige Arbeit leisten.
Wenn die Studierenden sich dann dort hinwenden und von denen zumindest eine Erstberatung oder einen Überblick über weitere Beratungsstellen bekommen, dann haben wir schon viel gewonnen. Man hat in Österreich wirklich stark verpasst, Angebote weiterzuentwickeln oder überhaupt mal sinnvoll zu etablieren.
Was für Herausforderungen gab es sonst im Studienleben?
Das hängt ganz davon ab, was man studiert und welche Lebensumstände man hat. In meinem Studiengang hat ganz besonders der Austausch mit den Mitstudierenden gefehlt. Das ist bei uns ein wichtiges Thema, weil wir ein sozialer Studiengang sind, der damit zu tun hat und die Leute darauf vorbereiten soll, in ihrem Berufsalltag mit anderen Menschen zu sprechen.
Im Studium fällt ein großer Teil von dem, was man braucht, um auf den Beruf vorbereitet zu werden, einfach weg. Natürlich, da kann man jetzt sagen: „Hätte man ja online machen können”, aber die Onlinewelt funktioniert anders als die analoge Welt.
Titelbild: Peter Beck und Manuel Rieder beim Interview | © Sabrina Petz
lebt, arbeitet und studiert in Graz. Er reist gerne mit dem Zug durch ganz Österreich und liebt Urban Exploration. Am liebsten kocht er zuhause Köttbullar und Pasta. Viel seiner Zeit fließt in ehrenamtliche Projekte bei der öh joanneum und bei den RosaLila PantherInnen. Er plant Veranstaltungen und gestaltet visuelle Kommunikationsmittel und Webseiten. Er sieht sich als Generalist und kennt sich in vielen Bereichen der Gestaltung aus. Deshalb ist ihm ein facettenreiches Arbeitsumfeld wichtig. Auf den ersten Blick wirkt er of zurückhaltend, sanftmütig und nett, wer ihn jedoch besser kennt, weiß, dass er auch ordentlich auf den Tisch hauen kann.