Wallis Bird in rotem Anzug

Verliebt in das Leben

Wallis Bird ist eine irische Musikerin, lebt und arbeitet aber in Berlin. Sie begeistert ihre Fans mit einer individuellen Mischung aus Irish Folk, Pop, Soul und Rock. Neben ihrer Musik, mit der sie ihre Kreativität auslebt, ist sie vor allem bekannt für ihre ansteckende Lebensenergie.

Mit Mai 2022 veröffentlicht sie ihr neues Album “Hands”. Ich habe mich mit ihr über ihren persönlichen Antrieb hinter ihrer Arbeit unterhalten.

Am 27. Mai 2022 wurde dein neues Album „Hands“ veröffentlicht. Was möchtest du mit dem Album erzählen?

Wallis Bird: Komm, meine Liebe! Lass uns lachend in die (unbekannte) Zukunft rasen!

Gibt es ein Lied, das dir besonders am Herzen liegt? Welches und warum?

DreamWriting. Ich wollte das warme, aufbrausende, frühmorgendliche, unsterbliche Gefühl in Worte fassen, wenn die Welt noch schläft und man das Gefühl hat, als wäre man die Einzige, die in „Wirklichkeit“ wach ist. Währenddessen durchströmt einen das Gefühl des intensiven Staunens und dabei ist die Fantasie voll im Gange. Der Song fängt diesen Zustand ein. Ich war erstaunt über das Ergebnis des Songs und er überrascht und wärmt mich jedes Mal aufs Neue, wenn ich daran denke oder den Song höre. DreamWriting erinnert mich an diesen Schreibprozess.

 Du wirst von vielen Seiten als energiegeladen und leidenschaftlich beschrieben. Was treibt dich an?

Ich habe eine Leidenschaft für Neues, für Veränderung, für Chaos, für das Wilde – die Unvollkommenheit, die Maschinerie der Dinge. Was mich bewegt sind menschliche Geschichten mit allem was dazu gehört: Liebe, Schmerz, Verlust – diese Ursprünglichkeit. Ich bin verliebt in das Leben und es behandelt mich gut.

Welche Werte stecken in dir und hinter deiner Musik? 

Gegenseitiger Respekt ist der größte Faktor. Früher dachte ich, es sei Liebe, aber jetzt hat sich das in Respekt aufgelöst. Damit ich jemanden oder etwas verstehen kann, muss ich ihm oder ihr Respekt entgegenbringen. Und das kann trotz unserer Unterschiede sein.

Ich möchte immer das grundlegende menschliche Bemühen, um Anstand und dem, was wir für unsere Lieben, Wünsche oder Besitztümer halten, finden. Ob sie nun gefährlich oder dumm sind, ich muss sie trotzdem respektieren, denn sie existieren und stehen mir aus einem bestimmten Grund gegenüber. Ich höre ihnen zu, um Vernunft zu erfahren.

Das WUK schreibt, du setzt dich für Frauen- und Transsexuellenrechte ein, gegen Rassismus und Ungerechtigkeit und für Akzeptanz und konstruktive Konfliktlösung. Worin liegt deine Motivation und wie sieht dein Einsatz aus?

Meine Motivation entstand vor einigen Jahren, als ich beschloss, meinem Bauchgefühl zu vertrauen, wenn es um Menschenrechtsverletzungen geht, um die Erfahrungen von Menschen. Ich vertraue darauf, dass ich nicht ohne Grund hier bin, sondern um zuzuhören und zu lernen und meinem Bauchgefühl zu vertrauen.

Mich motiviert die neue Generation der so genannten „Schneeflocken“, die den Menschen einen gehörigen Schrecken einjagen, weil sie überhaupt nicht zerbrechlich sind, sondern veraltete gefährliche Verhaltensweisen mit Macht auflösen. Ich bin sowohl bewegt als auch begeistert von der Jugend von heute, die mit einer transparenten emotionalen Intelligenz in ihr Erwachsensein tritt und diese frei teilt.

Ich bin verliebt in die Neurodivergenz und die Neuformulierung des Begriffs „normal“: Inklusion, Queerness und Non-Binarity, die Fluidität von Geschlecht, Religion und Spiritualität, das Aufdecken von Rassenunterschieden – was für eine Zeit in der wir leben! Das ist es, was mich motiviert, und meine Verpflichtung ist es, die Menschenrechte zu wahren und Respekt zu zeigen, wo Respekt angebracht ist. Ich bin kein Narr, das Leben ist verdammt hart, darum möchte ich umso lieber auf der sich entwickelnden und fördernden Seite stehen.

Welche Pläne hast du für den weiteren Verlauf deiner Karriere? Worauf dürfen sich deine Fans freuen? 

In naher Zukunft, ich bin jetzt so fit wie seit vielen Jahren nicht mehr, und ich habe ein Feuer im Bauch, wie ich es noch nie hatte, werde ich auf Tour gehen, um laute und kraftvolle Shows mit einer komplett weiblich besetzten Band (aus Freaks und Nerds!) zu spielen, und wir werden uns den Arsch ablachen und eine mächtig tolle Zeit für drei Monate auf Tour haben.

Danach werde ich mich auf mein Renovierungsprojekt konzentrieren, ich habe mit fünf anderen Künstler:innen einen Bauernhof gekauft, und wir bauen uns ein kreatives Leben auf, einen Zufluchtsort, einen Safe Space, eine Schule, ein wunderbares Zuhause.

Titelbild: Musikerin Wallis Bird | © Tobias Ortmann