Rauchbomben verraten das Geschlecht des ungeborenen Kindes

Drängen in Geschlechterrollen

Gender Reveal Partys sind in den USA Gang und Gebe. Das Konzept: Die zukünftigen Eltern und Gäste finden durch rosarote oder blaue Luftballons, Kuchen oder Rauchflaggen heraus, ob das Kind ein Mädchen oder ein Junge sein wird. Binäres Geschlechterdenken at its best. 

Doch warum haben viele eine solche Obsession herauszufinden, welches Geschlecht ihren Kindern bei der Geburt zugeordnet wird? Und wie wirkt sich das auf die Kindererziehung aus? 

Drängen in Geschlechterrollen

(Fast) Allen von uns wurde bei der Geburt ein binäres biologisches Geschlecht zugeordnet: männlich oder weiblich. Intersex passt schon nicht mehr in unser starres, binäres Geschlechterdenken. Viele Eltern malen, sobald sie das Geschlecht ihres Sprösslings erfahren, das Zimmer rosa oder blau aus, da das die typischen Mädchen- und Burschenfarben sind.

Mädchen bekommen zur Geburt einen Strampler mit dem Aufdruck „Daddys Little Princess“, während ihr Bruder „Der beste Macho der Welt“ auf seinem kleinen Babykörper trägt. Nicht nur Zimmerfarben- und Kleiderwahl beeinflussen wie unsere Kinder aufwachsen. Unterbewusste Entscheidungen, die Elternteile treffen, können das Heranwachsen des Kindes stark beeinflussen.

Wenn man in seinen Freund:innenkreis fragt, ob sie ihre Mädchen und Burschen unterschiedlich erziehen, wird das meistens mit Nein beantwortet. Fakt ist aber, dass viele Elternteile ihren Mädchen eher am Spielplatz helfen und sie schneller in Schutz nehmen als Burschen.

Teach them young

Aber auch bewusste Einflüsse sind nicht zu vernachlässigen. Die Kurzvideoplattform TikTok wird von vielen Eltern genutzt, um Videos ihrer Kinder zu posten. Ein zweijähriger Junge, der beim Anblick einer leicht bekleideten Frau zu sabbern beginnt, sorgte im April 2022 für Gesprächsstoff. Und was polarisiert, wird auf TikTok zum Trend.

Innerhalb weniger Tage findet man tausende Videos von Kleinkindern, die auf das Video „reagieren“ – mit großen Augen und offenen Mündern. Bei vielen sorgen die Videos für Belustigung und Kommentare wie „Teach them young“ und „He has the right priorities“ werden gepostet. 

Theybies vs. Babies

Den kompletten Gegenpol zum Verhalten dieser Eltern kann man ebenso auf der Plattform TikTok beobachten. Theybies werden sie genannt – Kinder, die ohne binärem Geschlecht erzogen werden. Genderneutrale, auch genderkreative, Erziehung verbreitet sich in den USA immer mehr. Diese sieht, wie auch traditionelle Kindererziehung, in jeder Familie etwas anders aus. Manche Eltern halten das biologische Geschlecht (engl. sex) ihres Kindes geheim, bis es sich selbst mit einem (engl. gender) identifizieren möchte.

Erziehung kennt kein Geschlecht | © Magda Ehlers on pexels.com

Andere Eltern lassen ihre Kinder mit den Dingen spielen, mit denen sie wollen, und lassen sie die Kleidung tragen, die sie sich aussuchen. Es geht darum, Kinder nicht in eine gewisse Rolle zu drängen; sie sollen sich ausprobieren können, unabhängig von sozialen Normen.

Expert:innen beobachten, dass es mittlerweile normaler wird, dass Mädchen mit traditionellem Spielzeug für Burschen, wie Autos und Experimentierkästen, spielen. Andersrum ist es etwas unüblicher. Da stellt sich die Frage, warum Burschen nicht lernen sollten, wie man sich um Puppen kümmert oder wie man in einer Miniaturküche Sandkuchen backen kann. 

Evan, the girlboy

Konservative, vor allem in den USA, haben Angst, dass genderneutrale Erziehung Kinder verwirren oder verweichlichen könnte. Viel Hass muss Evan über sich ergehen lassen. Der Sechsjährige identifiziert sich als „girlboy“ – er erklärt das als eine Mischung aus Mädchen und Junge.

Auf dem TikTok-Kanal @themcleodfam postet seine Mutter von seiner Kleiderwahl, seinen Hobbies und wie normal eine Kindheit ausschauen kann, wenn Kind einfach Kind sein kann. Was der Erziehungsstil von Evans Mutter verfolgt, ist, dass Evan nicht von seinem biologischen Geschlecht im Heranwachsen und Handeln eingeschränkt wird.

Muss ich mein Kind genderneutral erziehen?

In sämtlichen Elternforen wird von Vorteilen berichtet, die genderneutral erzogene Kinder erfahren. Dazu zählt, dass sie weltoffener sind, mehr Empathie zeigen und selbstbewusst aufwachsen.

Muss man dafür nicht-binär erzogen werden? Nein. Soll es das Ziel sein, alle Kinder genderneutral zu erziehen? Nein. Das Ziel ist es, genderspezifische Unterdrückung bereits in den Kindheitstagen aus dem Fenster zu werfen. Was haben wir denn als Gesellschaft zu verlieren?

Blau vs. Rosa

Wusstest du, dass bis in das späte 19. Jahrhundert Rosarot als eine Männerfarbe galt und Blau als Frauenfarbe? Rosarot wurde als die junge Version des männlichen, starken Rot gesehen, während Blau als sanfte, feminine Farbe wahrgenommen wurde.

Sex vs. Gender

Auf Englisch ist die Unterscheidung zwischen dem biologischen und sozialen Geschlecht leicht festzumachen. Das biologische Geschlecht heißt nämlich sex und ist das, was von Geburt an in unseren Dokumenten, wie Reisepass, steht. Das soziale Geschlecht ist gender und ist das Geschlecht, mit dem wir uns im sozialen Umfeld identifizieren.

Titelbild: Symbolbild | © Alisa Dyson on pixabay.com