Msoke, direkt und deutlich

Der Schweizer Reggae-Künstler Msoke spricht über die Musikszene, Rassismus, was ihn inspiriert und wie er als Schwarzer Trans*Mann in der Gesellschaft wahrgenommen wird. 

Mit zwölf Jahren stand Msoke das erste Mal auf der Bühne. Er wollte in einer Band sein, die Wahl hatte er damals zwischen einer Funk und einer Reggae Band. Im Gespräch sinniert er kurz darüber, welche Musik er heute wohl machen würde, hätte er sich damals nicht für Reggae entschieden.

Er lernte Piano und sang Background, doch nach ein paar Jahren wusste er „ich kann mehr, ich will mehr“ und begann seine Solo-Karriere. Die Zeit in der Band hat es gebraucht, meint Msoke, um sich zu finden und auch um den Mut aufzubringen einen eigenen Song zu performen. 

Inspiration 

Das erste Album erschien 2002. „Da war ich noch eine Frau“, sagt er. Der Release des Albums fand in Hamburg statt, denn in Deutschland findet der Musiker auch Inspiration und hat sich über die Jahre ein Netzwerk aufgebaut. Die Schweiz findet er „kulturell nicht sehr inspirierend“, er fühlt sich oft alleine, auch was den queeren Aspekt betrifft.

In Deutschland kommen Leute zusammen und kreieren, dort findet er Gruppen von Menschen, die für verschiedene Communitys etwas auf die Beine stellen. Msoke findet es wesentlich zu geben und im Gegenzug nichts zu erwarten. „Das Karma ist sehr wichtig“, mahnt er lachend.

Transition

Als Msoke um die sechzehn Jahre alt ist, outet er sich als lesbisch. Es war das einzige Wort, dass er kannte. Aber er fühlte immer, das war nicht die richtige Bezeichnung für sein momentanes Gefühl. Mit zwanzig Jahren traf er erstmals einen Trans* Mann.

“Und dann wusste ich, das bin ich auch. Das war plötzlich so klar.“ Er nimmt sich trotzdem noch zehn weitere Jahre Zeit für die Transition. Die Angst, die Stimme zu verlieren und keine Musik mehr machen zu können, beschäftigt ihn, zudem kommen bürokratische und finanzielle Hürden dazu. Doch mit 30 Jahren war der Druck so groß, dass er auch in Kauf genommen hätte, seine Stimme zu verlieren. Die Stimme bleibt, wird lediglich tiefer. 

Intim

Eine der ersten Fragen, wenn Personen erfahren, dass er ein Trans*Mann ist: “Hast du einen Schwanz oder was?“ Je nach Situation und Person schwankt auch die Reaktion des Künstlers. Er erzählt, er ist oft geschockt, sprachlos und auch enttäuscht. Hin und wieder dreht er den Spieß aber auch um, und fragt: “Wie lang ist denn dein Penis?“ Oder: “Was ist deine Körbchengröße?“. Da würden die Leute dann merken, dass es unangebracht ist. Viele wollen auch wissen, wie es denn „mit so einem“ im Bett ist. Der Schock über solche übergriffigen Fragen überwiegt meistens. „Es ist einfach unhöflich, unangebracht und zu intim“, stellt der Musiker klar. 

Intersektionalität

Als Schwarzer Trans*Mann findet sich Msoke gleich in mehreren diskriminierten Gruppen wider. „Das ist hart“, meint er. In Trans*Gruppen findet er Personen, die seine Erfahrungen und sein Leid teilen, doch er ist auch Schwarz, das teilen die anderen in der Gruppe nicht mit ihm.

Und andererseits erzählt er: “Menschen aus meiner Kultur meinen ‚Wir halten zusammen‘, und wenn sie erfahren, dass ich trans* bin, dann bin ich plötzlich nicht mehr Schwarz.“ Das Leben als Schwarze Trans*Person zu navigieren empfindet der 43-Jährige manchmal als sehr anstrengend, weil er damit beschäftigt ist, herauszufinden, warum einige plötzlich ein Problem mit ihm haben. Ist es weil er Schwarz oder weil er trans* ist? Meistens sei es Rassismus, erklärt er, weil man ja nicht sieht, dass er ein Trans*Mann ist. 

Msoke | © Tania Leuenberger (cre8ed.ch)

Reggae

Als Frau in der Reggae-Szene war es schwer. Man wird belächelt und Sexismus ist allgegenwärtig. Doch als Trans*Person empfindet Msoke es als noch extremer.

Er wurde eingeladen bei einer Reggae-Compilation mitzuwirken, und dann wieder ausgeladen. Andere Künstler:innen wollten nicht mitmachen, wenn er dabei ist. Mit einigen Musiker:innen pflegt er privat ein gutes Verhältnis, doch auch diese haben Angst mit ihm zu kollaborieren. Mit den Jahren hat er sich von diesen Personen zurückgezogen. Msoke meint, er habe keinen Bock, sich mit Menschen zu umgeben, die ihn nicht unterstützen. Es verletzt ihn. 

Don’t give up

In seinem neuen Album „don’t give up“, das am 1. April diesen Jahres erscheint, spricht er deutlicher und direkter über die Dinge, die ihn belasten.

Im Song „time is up“ beschreibt der Künstler wie er sich als Trans*Mann fühlt und wie ihn die Leute sehen. Das sei auch sein eigenes Heilmittel, denn wenn er sich im Realen äußere, dann gilt er als der aggressive Ausländer. Er müsse immer schön anständig sein, und alles über sich ergehen lassen.

In der Musik aber kann er seine Message weitergeben: “Ich lasse mich nicht unterkriegen.“ Er findet, es braucht ein musikalisches Sprachrohr, er sieht es als seine Berufung: “Der nächsten Generation an Trans*Personen und den Gays zu zeigen, es ist okay so wie ihr seid und ihr seid nicht allein.“

Titelbild: Msoke | © Tania Leuenberger (cre8ed.ch)