Mit Beat durch den Mama-Alltag

Anna Ullrich: DJ und Mama. So stellt sich Anna vor. Und wir wollen mehr zur Vereinbarkeit ihres Beruf und des Mama-Seins wissen. Und warum DJane keine Bezeichnung ist, die verwendet werden soll. 

Das Format hallo-eltern.de schreibt, du seist “wohlmöglich die coolste Mama im deutschsprachigen Raum”. Was zeichnet eine coole Mama für dich aus? 

Anna Ullrich: Ich würde sagen, wenn man sein Kind an seinem eigenen Leben teilhaben lässt. Es gibt Eltern, die ihr Leben aufgeben, sobald ein Kind da ist, und ich glaube, das ist ein Fehler. Meine Tochter findet es zum Beispiel voll cool, dass ich Musik mache.

Dir werden unterschiedliche Rollen zugeschrieben. Wie siehst du dich?

Ich würde mich als arbeitende Mutter beschreiben, die ihrer Leidenschaft nachgeht. Ich bin auch froh, dass ich das machen kann, was mich glücklich macht – auch wenn es jetzt im Moment leider nicht geht (Anmerkung: Aufgrund der Pandemie). Auf meinem Insta-Profil steht ja auch “DJ und Mama”. Das ist es.

Siehst du dich als Vorbild für andere Frauen*? 

Ja voll! Letztens hat mir eine Frau gesagt, dass ich sie motiviert habe, aufzulegen. Sie hat dann glasige Augen bekommen und sich bei mir bedankt und ich fand das voll süß. Voll schön, dass ich auch die jüngere Generation erreiche, und dann so viele Mädels motiviert sind, auch anzufangen.

Und worin, glaubst du, liegt deine Vorbildfunktion?

Ich werde oft als Powerfrau beschrieben, alles unter einen Hut zu kriegen – am Wochenende auflegen, Haushalt schmeißen, Kind. Ich glaub das ist der Grund, warum Mädels mich als Vorbild sehen. Es ist natürlich nicht immer einfach und jede Mama weiß, dass ein Kind auch einfach viel Arbeit ist.

Und es gibt auch Tage, an denen ich nur daheim sitz und alles hasse. Aber einfach stark bleiben. Jetzt hab ich gerade ein Down, weil ich nicht arbeiten kann und meiner Leidenschaft, dem Auflegen, nicht nachgehen kann. Also alles, wofür ich steh. Ich sitz daheim und versuch mich abzulenken mit Musik, Vinyl zu spielen und mit Marie zu basteln.  

Die Bezeichnung DJane ist sexisitsch konnotiert. DJane wurde eingeführt, um Frauen auf einem Line-Up als solche zu identifizieren. Es sollte jedoch egal sein, welches Geschlecht auflegt und die Bezeichnung DJ ist im Englischen außerdem genderneutral. 

Welcher Diskurs wird – aus deiner Perspektive – hier in Österreich und international dazu geführt? 

Um ehrlich zu sein, kenn ich mich mit dem Diskurs über den Begriff DJane nicht so gut aus. Das liegt nicht daran, dass er mir nichts sagt oder ich ihn noch nie gehört habe, es liegt eher daran das ich mich selber immer als DJ ohne „ane“ vorgestellt habe und natürlich auch eine bin. In der Bubble, in der ich mich bewege, ist es auch meist nicht das Thema, da klar ist, dass ich ein DJ bin.

Aber natürlich, von außen betrachtet, muss man sagen, dass es hier auf jeden Fall noch mehr Aufklärung bedarf. Ich glaube dass viele, welche diesen Begriff benutzen, ihn einfach nur nachsprechen ohne sich im Klaren zu sein warum oder was das eigentlich bewirkt. 

Dj und Mama | © Anna Ullrich

Die Bezeichnung DJane schürt auch Klischeebilder und Zuschreibungen klassischer Rollenbilder. So wie Amy in ihrem Kommentar auf frohfroh.de die Frage stellt: “Sind weibliche DJs hilflose Frauen im Urwald, die von einem starken Mann auf einer Liane gerettet werden müssen?” Wie gehst du damit um, wenn du als DJane bezeichnet wirst? 

Die schwache Frau, die von einem Tarzan gerettet werden muss – das typische Bild, welches die meisten wohl bei Jane im Kopf haben. Aber das bin ich auf keinen Fall. Wie schon erwähnt, passiert es nicht wirklich oft, dass ich so genannt werde und wenn, versuche ich das einfach mit den Veranstalter:innen zu klären, dass ich das nicht will.

Welche Schritte sind deiner Meinung notwendig, um die Aufklärung zu der eventuell gut gemeinten oder wissentlich abwertenden Berufsbezeichnung DJane voranzutreiben?

Schwierige Frage. Ich glaube, man müsste auf jeden Fall bei den Veranstalter:innen anfangen, damit solche Bezeichnungen gar nicht in den Umlauf kommen bzw. wieder verschwinden. Aber ich glaube dadurch, dass auch immer mehr Frauen in dem Business sind und sich ganz klar als DJ betiteln, wird sich der Begriff auch als solcher weiten und nicht mehr als Maskulinum angesehen werden.

Im Interview mit hallo-eltern.de hast du auch über “typische Mutter-Schuldgefühle” gesprochen. Was sind deine Erfahrungen damit? 

Das erste halbe Jahr habe ich gestillt und danach wollte ich wieder auflegen. Zu dieser Zeit hatte ich auch schon wieder Gigs in Berlin und natürlich habe ich mitbekommen, dass andere über mich deswegen geredet haben. Neid gibt es sowieso in jeder Berufssparte, Neid kennt auch keine Geschlechter.

Ich denke, es hat auch viel mit Neid zu tun, wenn die Leute blöd reden. Ich lebe mein Leben so wie ich es leben will, und schaue, dass ich einen Weg gehe der mich glücklich macht. Schuldgefühle habe ich jetzt keine mehr. 

Und was macht dich glücklich? 

Musik. (lacht) Und es muss nicht nur Techno sein. Ich höre den ganzen Tag FM4 und lasse mich auch gerne von neuer Musik inspirieren. Und natürlich machen mich meine Freunde und meine Tochter Marie glücklich, sowie das Reisen.

Was würdest du deinen Fans mit deiner Musik und deinem Auftritt in der Öffentlichkeit gerne vermitteln?

Ich möchte Menschen glücklich machen. Musik verbindet Menschen.

Titelbild: Dj und Mama | © Anna Ullrich