Hanky Codes

In den frühen 1970er-Jahren gab es in den schwulen Metropolen an der West- und Ostküste der USA eine Welle von neuem Selbstbewusstsein: Zeitschriften und Vereine schossen wie Pilze aus dem Boden, nach den Jahrzehnten des Versteckens war nun Sichtbarkeit angesagt. In Zeitschriften und Filmen konnte immer deutlicher auch schwuler Porno verbreitet werden. Das gängige Schönheitsideal waren „richtige Kerle“.

Und damit man beim Cruisen in Parkanlagen und bei der Begutachtung der an der Bar lümmelnden Typen auch gleich eine Information über Präferenzen und Eigenschaften hatte, wurde mit bunten Taschentüchern, die man sich, vornehm formuliert, in die Gesäßtasche steckte, eine Code geschaffen. Schon vor 1970 hatte man bereits mit Schlüssel am Gürtel (linke Hüfte Top, rechte Hüfte Bottom) einem Key-Code. Mit Farben war das viel differenzierter und in der Jeans- und Lederszene wurden ab 1971 auch Promotion-Karten mit erklärenden Übersichten gedruckt. Die Farbe links stand also dafür, was man als aktiver Part wollte, und rechts, was man begehrte.

So stand dunkelblau links für den aktiven Arschficker, hellblau rechts für den begeisterten Schwanzlutscher, grün links für den Stricher. Mit senfgelb wurde signalisiert, dass man einen besonders großen Schwanz hatte (links) bzw. suchte (rechts). Mit olivgrün signalisierte man analog die Bereitschaft zu militärischen Rollenspielen, Einsatz von Dildos (rosa), der Faust (rot) oder mit schwarz die Bereitschaft für aktives oder passives BDSM.

Auch heute werden Hanky Codes genutzt. Wer sich Fetischkleidung wie eine Ledermontur zulegt hat die Wahl aus vielen unterschiedlichen farbigen Akzenten und ist sich meist bewusst, welche Wirkung diese auf die Menschen under Umgebung haben könnte. Es bleibt einem selbst überlassen, ob man einen Latexanzug mit roten Streifen nur wegen der schönen Farbe kauft oder sich die Symbolik dahinter zu Nutze macht.

Titelbild: Ledermann| © Peter Beck