Sex talk!

Magdalena Heinzl ist die Gründerin der Plattform Sexologisch und leitet als Sexualpädagogin und Sexualtherapeutin Fortbildungen und Workshops für Personen aller Altersgruppen. Als Expertin in den Bereichen Sexualität, Körperwahrnehmung und Gewaltprävention haben die Teilnehmer:innen die Möglichkeit, sich weiterzubilden und beraten zu lassen. Wir haben uns mit Magdalena getroffen und über sexuelle Kommunikation gesprochen.

Was verstehst du unter „Sexueller Kommunikation“?

Magdalena Heinzl: Wenn man die zwei Begriffe mal auseinandernimmt, hat man Kommunikation und Sexualität. Was ich persönlich darunter verstehe ist, dass Menschen mit anderen Menschen über Sexualität und alles, was in ihrem Empfinden da dazugehört, sprechen.

Warum ist die offene Kommunikation über Sexualität und sexuelle Vorlieben für viele ein Tabuthema?

Weil wir nie wirklich gelernt haben, offen darüber zu sprechen. Es fällt uns ja schon schwer, über Gefühle, über Bedürfnisse und Begehren zu reden, und der Grundstein dafür wird schon im Kindesalter gelegt, indem wir Verniedlichungen und Spitznamen für Genitalien verwenden, anstelle von Penis, Vulva oder Vagina. Diese Sprachlosigkeit zieht sich dann meistens durch. Die Kommunikation darüber ist aber wie alles andere auch erlernbar. 

Wie äußere ich sexuelle Wünsche, Fantasien und Bedürfnisse am besten?

Zuerst muss ich mir über meine Wünsche und Fantasien im Klaren sein, denn oft schränken wir uns hier selbst ein. Ich erlebe es zum Beispiel sehr häufig, dass feministische und starke Frauen gewisse gewaltvolle Handlungen in pornografischen Materialien als erregend empfinden und sich dann dafür schämen, weil sie das verurteilen. Die Anspannung beim Gedanken an Gewaltsituationen kann hilfreich sein, um zum Höhepunkt zu kommen – und wenn man diese Bilder sieht, kommt der Körper in einen ähnlichen Modus. Nur weil man eine Fantasie hat, bedeutet es nicht, dass man es automatisch erleben möchte. 

Welche Bedeutung haben nonverbale Signale beim Sex?

Ich glaube, viele Menschen schaffen es vielleicht sogar besser, anfangs nonverbal zu kommunizieren, als Dinge dann wirklich auszusprechen. Das können kleine Dinge sein wie die Hand meines Gegenübers zu nehmen und zu zeigen, wo ich welche Berührungen mit welchem Druck und welcher Geschwindigkeit als angenehm empfinde. Ich würde fast behaupten, dass jeder Mensch eine ganz eigene Sexualität hat, die es herauszufinden gilt – und da hilft natürlich Kommunikation. 

Inwiefern hängt die Kommunikation über Sexualität vom eigenen Selbstvertrauen ab?

Kommunikation hängt generell vom Selbstvertrauen ab. Wenn ich mich gut fühle, weiß ich auch was mir guttut. Gerade in sexuellen Situationen können Gefühle auch mal schnell umschalten. Manchmal muss man auch sagen, dass man keinen Bock mehr hat oder nicht mehr möchte. Ich vergleiche Sexualität zwischen zwei Menschen gerne mit Essen: Wie wahrscheinlich ist es, dass man immer zur gleichen Zeit Hunger hat, und dann immer Bock auf das gleiche Essen? Ich kann dich nicht zwingen, mit mir thailändisch essen zu gehen, wenn du gerade vorhin beim Wirt um die Ecke warst und dich voll gefuttert hast. Man muss es bei sich selbst fühlen und dann auch so benennen, einordnen und mit der anderen Person kommunizieren. 

Was ist, wenn die sexuellen Vorlieben in einer Partnerschaft voneinander abweichen?

Es kann natürlich auch sein, dass sich im Laufe des Lebens oder in der Partnerschaft etwas verändert. Irgendwann kommt man an einen Punkt, wo vielleicht nicht mehr alles passt und der Reiz ein wenig abnimmt. Wenn ich 2-3 Jahre mit einer Person zusammen bin, kenne ich diese natürlich sehr gut und es fehlt der Reiz am Unbekannten. Viele kompensieren das eine Zeit lang mit verschiedenen Sextoys oder indem sie Dinge ausprobieren wie Sex-Positive Parties oder Dreier erleben. Es gibt viele Optionen – wichtig ist, dass man sich zu nichts überreden lassen muss. Es geht auch hier um das Abwägen der Möglichkeiten und Kompromissfindung. 

Manchmal ist es nötig, nein zu sagen. Wie kann ich das kommunizieren, ohne die andere Person zu verletzen oder gar zu enttäuschen?

Wenn man etwas nicht möchte, sich unwohl fühlt oder ekelt, dann muss man das nicht tun. Auch wenn man denkt, dass gehört doch in einer Beziehung dazu, oder ich hab doch anfangs ja gesagt, oder oder oder. Die meisten Menschen sind viel enttäuschter, wenn man bei Dingen mitmacht und dann erst am Schluss offenbart, dass es nicht gefallen hat. Das ist für andere enttäuschend, weil ja eine Vertrauensbasis gegeben ist und man sich aufeinander einlässt. Es ist besser, solche Dinge in Ruhe zu kommunizieren und zu besprechen. Vielleicht in einem Moment nach dem Abendessen, oder wenn man zusammen auf dem Sofa sitzt.

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Was würdest du dir von deinem:deiner Partner:in wünschen?

Ich glaube, wir haben eine sehr offene Kommunikation – aber ich würde mir wünschen, noch etwas mehr Resonanz zu bekommen. Ich fände es schön, wenn ich nicht immer nachfragen müsste, sondern wenn das selbstverständlich wäre. Umgekehrt will ich, dass er jederzeit mit seinen Wünschen zu mir kommt.

Titelbild: Magdalena Heinzl | © Simart Fotografie