Ein junger Mann mit gelben bauchfreien T-shirt und einem schwarzen Rock sitzt in der Hocke vor einer bunten Mauer

#meninskirt

Lange Haare, Kleid und hohe Schuhe. Vielen kommt hier wohl erst eine Frau* in den Sinn. Doch was, wenn Männer* das Bedürfnis haben, ihrer weiblichen Seite durch Kleidung Ausdruck zu verleihen? 

Was ist Crossdressing?

Wenn man googelt, was Crossdressing ist, kommt man zu keinen befriedigenden Antworten. Was es mit dem Begriff auf sich hat, erfahre ich erst in einem Crossdresser-Forum. Dort wird mir erklärt, dass Crossdressing „das Tragen von Kleidung, welche primär für einen anders geschlechtlichen Körper gefertigt wurde“, ist.

Diese Definition schließt auch Menschen ein, die hauptsächlich aus modischen Gründen und als politischen Protest crossdressen. Für viele geht es dabei jedoch über das oberflächliche Tragen von typisch weiblicher Kleidung und Accessoires hinaus. Schon in der Kindheit haben viele der Crossdresser, mit denen ich mich ausgetauscht habe, einen Drang verspürt, das Kleid von Mama anzuprobieren oder sich mit ihrem Taschengeld heimlich Strümpfe zu kaufen. 

Der schmale Grat zwischen Crossdressing und Transgender

Wo die Grenze zwischen Crossdressing, Teilzeitfrauen und Trans*-Frauen liegt, ist auch für Crossdresser schwer zu beantworten. Eine klare Linie ist nicht auszumachen, im Endeffekt entscheidet jedes Individuum für sich selbst, wer er*sie ist. Ein stark vereinfachter Erklärungsansatz für dieses komplexe Thema: Für Personen, die Crossdressing betreiben, ist es eine Art, ihre feminine Energie nach außen hin zu zeigen. Ein Crossdresser schreibt: „Ich bin ein Mann mit einer ausgeprägten femininen Seite, der gerne Frauenkleider trägt!“

Eine Trans*-Frau ist im Gegensatz dazu eine Person, die sich als Frau identifiziert, unabhängig von der Kleidung. Für einige ist das Crossdressen allerdings ein Zwischenschritt vor dem Outing als Trans*. Eine andere Person schreibt davon, sich zunächst als Crossdresser oder Teilzeitfrau geoutet und dadurch zur nicht binären Identität gefunden zu haben.

Was ist schon „männlich“ und „weiblich“?

Meine Frage, ob es überhaupt einen signifikanten Unterschied zwischen „männlich“ und „weiblich“ gibt, stößt auf ein so gut wie einstimmiges „Ja“. Sonst könne man gar nicht crossdressen, meint eine Userin. Die Kleidung in der Männerabteilung wird, im Vergleich zur bunten, facettenreichen Frauenabteilung, als langweilig wahrgenommen. Bei typisch männlicher und weiblicher Kleidung sollte allerdings nicht vergessen werden, dass sich Mode ständig entwickelt. Im 17. Jahrhundert war es für Männer normal, Strumpfhosen, Absätze und Perücken zu tragen. Erst mit der Industriellen Revolution und dem Bedürfnis nach Kleidung, die bei der Arbeit praktisch ist, entwickelten sich die heute als langweilig wahrgenommenen grauen Anzüge. 

Eine weitere Beobachtung, die man im Zuge dieser Entwicklung machen kann, ist, dass Frauen*, die typische Männerkleidung tragen, von der Gesellschaft eher toleriert werden, als Männer*, die Frauenkleidung tragen. Dies könnte damit zusammenhängen, dass alles, was „männlich“ ist, mit Macht und Stärke verbunden wird und alles, was „weiblich“ ist, Unterwürfigkeit und Schwäche suggeriert. 

Crossdressing in den letzten Jahren

Auf verschieden Sozialen Medien haben sich Communities gebildet, die Crossdressing in verschiedenen Ausmaßen leben. Auf TikTok wird es zelebriert, wenn junge Männer* in ihren Kleidern durchs Zimmer tanzen, auf Instagram findet man unter dem Hashtag #meninskirts mehr als 17.000 Beiträge.

Als der Sänger Harry Styles Ende letzten Jahres am Vogue Cover erschien, ging das Thema Crossdressing durch die Medien. Am Titelbild sieht man ihn in einem Kleid, in der Ausgabe ist er in extravaganten Röcken abgebildet. Im Interview mit Vogue erzählt er, dass er nicht zu sehr darüber nachdenkt, was seine Kleidungswahl bedeutet. Für ihn ist es eine Erweiterung seiner Kreativität. Auch der Schauspieler Billy Porter hat mit seinen Red-Carpet-Looks immer wieder für Aufregung gesorgt. Diese zwei Künstler sind nicht alleine: schon David Bowie, Elton John und Freddie Mercury, um nur einige zu nennen, haben sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts von geschlechterspezifischen Kleidungsnormen losgesagt und sich kreativ in ihrer Garderobe ausgelebt.

F*ck soziale Normen

Es gibt die verschiedenste Weisen, Crossdressing zu leben, aber im Endeffekt läuft es auf Folgendes hinaus: Egal ob männlich, weiblich, nicht-binär; es sollte nur darauf ankommen, dass jede*r das tragen kann, was ihr*m gefällt, unabhängig davon, ob es den binären Gesellschaftsnormen entspricht oder nicht.

Titelbild: Photo by Edward Howell on Unsplash