Die sexuelle Gesundheit von Frauen beinhaltet viele Dinge. Ein Gaspedal, ein Bremspedal und Essen sind hier aber wahrscheinlich nicht die Ersten die einem einfallen. Wobei, letzteres manchen vielleicht doch. Aber so war das jetzt nicht gemeint. Denn es geht um reales Essen (welches vorzugsweise aus Lebensmitteln besteht) und imaginäre Pedale. Aber was genau Festmahle und Fahrzeugmetaphern mit sexueller Gesundheit zu tun haben, davon erzähl ich später. Erstmal beginne ich am Anfang.
Was lehrt der Aufklärungsunterricht?
Je nach familiärer Umgebung, ist der Aufklärungsunterricht in der Schule wahrscheinlich die erste konkrete Auseinandersetzung mit Sex und sexueller Gesundheit. Er soll, wie es der Name schon sagt, aufklären. Doch, worüber genau? Wenn man nach dem „Aufklärungsunterricht“ geht den ich in meiner Schulzeit erfahren durfte, dann sind das genau drei Themen: 1. Wieso Frauen ihre Tage bekommen 2. Wie Frauen schwanger werden und wie sie es vermeiden können und 3. Was passiert, wenn eine Frau dann doch einmal schwanger ist. Also kurz gesagt, es ging um die Frau im Rahmen der Fortpflanzung. Doch das allein kann niemals die sexuelle Gesundheit der Frau ausmachen.
Was ist sexuelle Gesundheit?
Was beinhaltet sexuelle Gesundheit von Frauen*? Laut der Gynäkologin und Sexualmedizinerin Miriam Mottl ist das einiges. Wir haben zum einen die körperliche Gesundheit, mit dem jährlichen (und wenn wir ehrlich sind, nicht immer freudig ersehnten) Kontrolltermin, mit einem Krebsabstrich, dem Abtasten der Brust, eventuell auch, vor allem bei jungen Frauen, ein HPV-Screening. Außerdem sollte man sich bei Verdacht auf etwaige sexuell übertragbare Infektionen testen lassen. Davon gibt es eine ganze Palette: Chlamydien, Hepatitis A, B und C, Herpes, HIV und AIDS, HPV, Syphilis, etc. Diese können nämlich auch bei Oralsex oder dem Teilen von Sexspielzeugen übertragen werden, auch wenn das Risiko dabei um einiges geringer ist. Übrigens ist es ein Mythos, der sich hartnäckig zu halten scheint, dass Lesben sich nicht um Geschlechtskrankheiten sorgen müssen.
Was ist Sex?
Angefangen damit, dass Lesben auch Penisse haben können, stecken hinter diesem Mythos sehr viel Missinformation und Vorurteile. Schon gelangt man an den Kern der Frage um die Definition von Sex. Denn ich habe schon oft genug selbst gehört, dass „Lesbensex“ kein richtiger Sex ist, denn es brauche Penetration, von einem Penis, in eine Vagina. Für viele scheint Sex eng mit dem (potentiellen) Akt der Fortpflanzung verbunden zu sein. Aber, was wenn ich diese Definition nun ignoriere, was ist Sex dann? Mit meinen Interviewpartnerinnen Susanne und Barbara ergab sich ein interessanter Austausch darüber, wo Sex beginnt und wo er endet, und was er beinhaltet. Auch wenn wir uns einig waren, dass es schwer ist Sex mit nur einer Definition zu umfassen, so hatte Barbara zumindest sehr schnell eine schöne Antwort parat: Sex ist alles was zu einem Orgasmus führen sollte, unabhängig davon, ob es das tatsächlich tut. Sex beinhaltet sexuelle Erregung, ergänzt Susanne, wie diese zu Stande kommt ist individuell. Ob diese zustande kommt, ist individuell.
Was ist mit Asexualität?
Und hier kommt ein Thema ins Spiel, das mir sehr am Herzen liegt und während meiner ganzen Recherche in meinem Hinterkopf festsaß. Was ist, wenn eine Person keine sexuelle Erregung fühlt? Wie sieht es dann mit sexueller Gesundheit aus? Als Frau, die sich auf dem asexuellen Spektrum sieht, hatte ich selbst die Angst, dass meine Sexualität, im Rahmen der sexuellen Gesundheit zu kurz kommen würde, oder gar als abnormal gelte. Deshalb habe ich das Thema Asexualität auch mit Miriam besprochen. Meine Sorge war es, dass Asexualität eventuell als Krankheit angesehen wird. Als Sexualmedizinerin hat Miriam sich natürlich eingehend mit diesem Thema befasst und konnte mir eine recht einfache Antwort geben: Es zählt nur dann als Krankheit, wenn es Betroffene als solche empfinden. Wenn kein Leidensdruck besteht, hat es auch keinen krankheitswert.
Was ist dann „Gas, Bremse und Essen“?
Natürlich kann man auch erforschen, wie die eigene sexuelle Anziehung und die eigene Sexualität aufgebaut sind. Womit wir wieder am Anfang angelangt wären. Um die eigene Sexualität zur erforschen bedarf es ein Gas, eine Bremse und Essen. Miriam erklärt mir, dass jeder Mensch mit einem Gas- und einem Bremspedal ausgestattet ist, welche je nach Situation betätigt werden, und werden können. Manchmal kann es passieren, dass in einer Situation das Bremspedal so stark betätigt wird, dass das Gas blockiert wird. Doch wenn man möchte, kann man sein Gefühl für diese Pedale erforschen und verfeinern. Und das geht, so komisch es auch klingen mag, am besten durchs Essen. Miriam meint, man soll einmaldas Lieblingsessen genießen und darauf achten wie es sich anfühlt. Das bereitet Lust. So wird das Bewusstsein dafür geschaffen, was sich für den eigenen Körper gut anfühlt und man kann darauf achten, in welchen Situationen sich ein ähnliches Gefühl einstellt. So bekommt man also Lust durchs Essen, und kann dann so richtig Gas geben.
Titelbild: Illustration von Hannah Schneider
würde sich selbst als generell verwirrte Person beschreiben die immer wieder in die bizarrsten und wunderbarsten Situationen hineinrutscht. Irgendwie ist sie Anglistik/Amerikanistik Studentin geworden, hat zu der englischen Theatergruppe den Pennyless Players gefunden und ist über einen Babysitterjob zur Taufpatin geworden. Sie durfte schon im Schauspielhaus Graz auf der Bühne stehen, ein Theaterstück für den Tag der Sprachen verfassen und neuestens in die Rolle einer Journalistin schlüpfen. Sie meint, solange sie kreativ sein kann ist sie mit dem Chaos eigentlich ganz glücklich.